KURIER: Wie sollten Kinder mit Geld umgehen lernen?
Bettina Fuhrmann: Schon im Kindergartenalter beobachten Kinder ihre Eltern beim Zahlen. Sie können die Bezahlvorgänge noch nicht verstehen, aber Eltern können erklären, dass man in Geschäften für Geld etwas bekommt, dass Geld als Tauschmittel akzeptiert ist. Sie sollten vermitteln, dass Geld auch auf die Seite gelegt werden kann. Bereits Kindergartenkinder können das verstehen.
Wann sollten Kinder Taschengeld bekommen?
Ab dem Schulalter. Grundidee ist, dass Kinder frei über das Geld verfügen können, auch wenn sie manchmal etwas damit machen, das sie später bereuen. Jause, Hefte oder Sportkurse sollten nicht vom Taschengeld bezahlt werden müssen. Das Wirkungsvollste ist, selbst ein gutes Vorbild zu sein. Wenn man dem Kind erklärt, dass es sparen soll, aber selbst alles, das man möchte, sofort kauft, ist das wenig effektiv.
Wie hoch sollte das Taschengeld sein?
Es gibt keine allgemeine Regel. Im Taschengeldleitfaden der Nationalbank werden etwa für Kinder von sechs bis acht Jahren zwei bis fünf Euro pro Monat empfohlen. Das sind Orientierungsgrößen. Die wichtigste Richtlinie ist, bei dem Betrag zu bleiben, der vereinbart wurde und nicht etwas nachzulegen. Damit zerstört man den Lerneffekt, mit einem bestimmten Betrag in einer bestimmten Zeit auskommen zu müssen. Man weiß aus Studien, dass Kinder, die Taschengeld bekommen, sorgfältiger mit Geld umgehen.
Sollten Kinder für Hilfe im Haushalt Geld bekommen?
Kleinere Hilfe im Haushalt sollte nicht bezahlt sein. Wenn man in einer Familiengemeinschaft lebt, kann jeder Aufgaben übernehmen. Steht eine größere Aufgabe an, bei der ein Kind viel Zeit investiert, die vielleicht mühsam und anstrengend ist, ist schon möglich, diesen Aufwand mit Geld zu belohnen. Auch Geldgeschenke sind für Kinder okay, bevor man etwas kauft, das gar nicht gewollt ist.
Es gibt bereits Konten für Achtjährige. Was halten Sie davon?
Den Umgang mit Geld lernt man am besten über Bargeld. Man kann es angreifen und sieht, dass es weniger wird, wenn man es ausgibt. Diesen Effekt hat man bei Geld am Konto nicht. Das müssen Kinder natürlich auch einmal lernen, aber zunächst ist Bargeld eindrücklicher. Selbst in Schweden, wo kein Bargeld mehr verwendet wird, lernen Kinder den Umgang noch mit dem für sie „alten Geld“. Allerdings sehen Kinder, dass Erwachsene mit Karte zahlen. Das zu erklären, ist sinnvoll. Sobald ein Kind bereit ist, kann Taschengeld auf ein Konto überwiesen werden.
Können Jugendliche heute gut mit Geld umgehen?
Es gibt sehr große Unterschiede, auch nach Schultyp. Jene, die zu Hause nicht über Geld sprechen können, kompensieren das durch Gespräche mit Freunden oder den Konsum sozialer Medien. Beides sind keine günstigen Einflüsse auf das Konsumverhalten. Sie neigen mehr zu demonstrativem Konsum, das heißt, etwas zu kaufen, damit ich es herzeigen kann, oder zum kompensatorischen Konsum, also zu kaufen, weil mir fad ist oder weil ich mich minderwertig fühle.
Ist die Finanzbildung in den Schulen ausreichend?
Wir wissen, dass es einen Unterschied macht, aus welchen Familien Kinder kommen, was die Finanzbildung betrifft. Wenn wir diese Unterschiede abbauen wollen, müssen wir Finanzbildung in der Schule anbieten. Hier ist aber noch sehr viel Aufbauarbeit notwendig.
Was bräuchte es?
Finanzbildung sollte über die gesamte Schullaufbahn verankert sein. Im Lauf der Zeit werden die finanziellen Entscheidungen für Jugendliche komplexer und folgenreicher. Sie sind heute schon früh mit Finfluencern (financial influencer, Anm.) konfrontiert, die vorgeben, was sie kaufen sollen, wo sie investieren sollen. Dafür müssen sie gewappnet sein. Finanzbildung sollte ein kontinuierlicher Prozess sein, der sich durch die Schulzeit zieht und einen thematischen Bogen von Sparen, Anlegen, Investieren, Finanzieren und Vorsorgen bietet.
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