Hohe gesellschaftliche Erwartungen an Eltern
Eltern seien heute sehr unter Druck, gesellschaftliche Erwartungen zu erfüllen: Die Kinder sollen musikalisch und sportlich sein, gute Noten und viele Freunde haben. Zwar sind Freundschaften wichtig für die soziale und kognitive Entwicklung, sie stärken etwa Selbstwertgefühl, Empathie, Kooperation und Rücksicht. Die Zahl der Freunde ist aber nicht zentral, meint Hartel.
"Zwei bis drei enge Freunde sind wichtiger als möglichst viele. Kinder sind von der Persönlichkeit her auch unterschiedlich – manche gehen offener auf andere zu, andere sind schüchterner und brauchen vielleicht ein wenig Unterstützung." Merken Eltern, dass sich das Kind schwertut, Freundschaften zu knüpfen, könne man zum Beispiel einen Kurs suchen, wo es unter anderen Kindern mit ähnlichen Interessen ist. Auch das Treffen von Schulkollegen am Nachmittag außerhalb der Schule kann helfen, Freundschaften zu fördern. "In einem anderen Kontext als der Schulklasse, am Spielplatz oder zuhause, können Kinder ohne zeitliche Vorgaben spielen. Freundschaft entsteht durch Nähe und Kontakt", sagt Hartel.
Vor allem in Städten seien die Eltern gefragt, wenn es darum geht, Playdates zu organisieren, da Kinder sich weniger selbst verabreden oder einfach so in den Park oder auf die Straße gehen können, um mit anderen zu spielen.
Kontaktfreudigkeit und wie man Freundschaften aufbaut, lernen Kinder am besten durch Beobachtung und zwar vom Babyalter an. Schon die Kleinsten merken, wie die Eltern auf fremde Personen zugehen und ob sie selbst Freundschaften pflegen. Förderlich ist, wenn man im Beisein des Kindes offen auf andere zugeht.
Kinderfreundschaften sind nicht ganz gleich wie Erwachsenenfreundschaften
Eltern müssten darauf achten, ob sie eigene Erfahrungen auf das Kind übertragen, etwa selbst als Kind gerne mehr Freunde gehabt hätten oder das Gefühl hatten, Außenseiter zu sein. "Ich erlebe manchmal, dass Eltern erzählen, ihr Kind hat keine Freunde. Wenn ich dann mit dem Kind spreche, zählt es Namen auf. Die Wahrnehmung der Eltern stimmt nicht immer mit der des Kindes überein", betont Hartel.
Freundschaften zwischen Kindern können auch nicht eins zu eins mit Freundschaften zwischen Erwachsenen verglichen werden. Zwar gibt es viel Übereinstimmendes, Freundschaften zwischen Kindern sind aber wechselhafter, die Bindung ist meist weniger tief und kann sich schnell verändern, da Kinder sehr auf gegenwärtige Erlebnisse und Aktivitäten fokussiert sind.
Kinderfreundschaften sind zudem stark aktivitätsbezogen – wer gerne dasselbe spielt oder Interessen teilt, wird leicht zum Freund.
Sorgen müssten sich Eltern nur dann, wenn Kinder gar kein altersgemäßes Interesse an anderen Kindern zeigen. "Wenn es ein Kind nicht schafft, auf andere zuzugehen und die Nähe nicht sucht, sollte man Kontakt zu einem Psychologen aufnehmen, da das verschiedene Ursachen haben kann", erklärt Hartel. "Der Mensch ist ein soziales Wesen."
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