Simulation: Wie das Coronavirus sich seinen Weg bahnen könnte

Simulation: Wie das Coronavirus sich seinen Weg bahnen könnte
Virologen und Mathematiker erforschen Maßnahmen, wie man den Erreger in seiner Ausbreitung einbremsen kann.

Die Aufmerksamkeit gegenüber dem neuen Coronavirus ist gerechtfertigt, sagt die Virologin Judith Anderle von der MedUni Wien. Sie beruhigt aber auch: „Österreich ist gut gewappnet. Wir haben genug Kapazitäten, um Kranke auf das Virus zu testen. Wir können zudem die Patienten isolieren und behandeln, falls das notwendig ist.“

Wann erreicht die Epidemie ihren Höhepunkt und wann endet sie?

Auch wenn chinesische Experten davon ausgehen, dass in rund zwei Wochen der Höhepunkt der Epidemie erreicht ist, kann niemand diese Frage seriös beantworten, meint Martin Bicher, Mitarbeiter der Forschungsgruppe Popper. Der Mathematiker der TU Wien muss es wissen. Schließlich ist es sein Beruf, Modelle zu entwickeln, die die Ausbreitung einer Epidemie simulieren (siehe Grafik).

Simulation: Wie das Coronavirus sich seinen Weg bahnen könnte

Um die Entwicklung einer Epidemie in Österreich nachvollziehen zu können, haben Mathematiker der TU Wien Modelle für verschiedene Szenarien berechnet. Diese können dabei helfen, die nötigen Gegenstrategien zu entwerfen. Die Grafik zeigt das „Worst-Case-Szenario“: So würde sich das Coronavirus ausbreiten, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden.

Legende: Rote Häuser = Krankenanstalten, blaue Punkte = Personen, die nicht infiziert sind, orange Linien = Verbreitungswege des Coronavirus.

 

Bicher weiter: Für eine seriöse Prognose gebe es aber zu viele Unbekannte, etwa ungesicherte Daten. Doch nicht nur dies: „Oft spielt der Zufall eine Rolle. Da reicht es schon, dass jemand zu früh aus der Quarantäne entlassen wird und schon ändert sich alles.“ Oder die Epidemie endet ähnlich wie Influenza am Ende einer Saison. Außerdem sei es ja gerade Zweck seiner Modelle, dass sich die Krankheit nicht so ausbreitet wie prognostiziert: „Wir wollen damit ja erreichen, dass Maßnahmen gesetzt werden.“ Dass Reisen in stark betroffene Gebiete unterlassen werden, ist eine dieser Maßnahmen.

Wie ansteckend sind Coronaviren im Vergleich zu anderen Erregern?

Derzeit gehen Mediziner davon aus, dass ein Infizierter im Schnitt 1,5 bis 3,5 Personen ansteckt. Das Virus verbreitet sich besser als andere Coronaviren, wie SARS oder MERS, die erst vor nicht allzu langer Zeit auf den Menschen übergesprungen sind. Virologin Aberle hat hierfür mehrere Erklärungen: Die spezifischen Eigenschaften des Virus tragen dazu bei, dass es infektiöser ist als die verwandten MERS- oder SARS-Erreger. „Da sich das neue Coronavirus auch in den oberen Atemwegen befindet, wird es leichter per Tröpfcheninfektion weitergegeben.“ Ein weiterer Faktor: Das Virus ist erst vor Kurzem auf den Menschen übertragen worden, daher ist noch niemand immun. Deshalb bricht die Krankheit bei mehr Menschen aus, die damit in Kontakt kommen.“

Wie hoch ist die Sterberate?

„Wenn wir die Daten aus China ansehen, liegt der Anteil der Patienten mit schweren Verläufen bei etwa zwölf Prozent – etwa zwei Prozent davon sind verstorben. Wahrscheinlich gibt es einen großen Anteil von Menschen, die nur leicht erkranken“, erläutert die Virologin. „Eine Einschätzung der Krankheit insgesamt können wir allerdings erst vornehmen, wenn wir wissen, wie viele Infizierte tatsächlich erkranken. Meist sterben immungeschwächte und ältere Personen.“ Aber nicht nur. „Auch Menschen ohne Vorerkrankungen kann es treffen. “ Insgesamt ist die Sterberate wesentlich niedriger als bei SARS oder MERS.

Was bringt ein Cocktail aus Influenza-‐ und HIV-Medikamenten?

Derzeit gibt es keine spezifische Therapie. Die Patienten werden daher symptomatisch behandelt. Das bedeutet Bettruhe, Flüssigkeitszufuhr und fiebersenkende Mittel. Einen spezifischen Wirkstoff zu entwickeln wird noch länger dauern, erläutert Aberle.

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