"Die ständige Einnahme ohne Bedarf hat erhebliche Auswirkungen, die bis zur Sucht reichen." Zu den diskutierten Risiken zählt auch eine Veränderung der Darmflora. Eine Dauermedikation sollte nur unter ärztlicher Betreuung und bei abgesicherter Diagnose erfolgen.
Sollten Kopfschmerz-Betroffene auf Magenschutz verzichten?
Bei den unerwünschten Nebenwirkungen setzt eine neue Studie an, die im renommierten Fachblatt Neurology erschienen ist. Ein Team der Universität Maryland legt darin einen Zusammenhang zwischen Reflux-Medikamenten und einem erhöhten Migräne-Risiko dar. Untersucht wurden alle Varianten von Säureblockern, moderne Protonpumpenhemmer, Omeprazol, Esomeprazol oder das in Österreich besser bekannte Pantoprazol, wie auch ältere H2-Blocker, die ebenfalls die Ausschüttung der Magensäure drosseln, und säurereduzierende Nahrungsergänzungsmittel. Man sah sich Daten von knapp 12.000 Menschen an, die Angaben über ihre Migräne-Leiden und Magensäureblocker-Einnahme machten. Bei allen Arzneien ging der Konsum mit höheren Migräne-Werten einher. Berücksichtige man Migräne-fördernde Faktoren wie Geschlecht, Alter, Alkohol- oder Koffeinkonsum, war der Zusammenhang noch deutlicher.
Laut Wöber hat die Studie eine entscheidende Schwachstelle: "Das Problem ist, dass Menschen mit Migräne öfter säurehemmende Präparate als Magenschutz erhalten." Wer an wiederkehrenden Kopfschmerzattacken leide, nehme in der Regel schmerzlindernde Medikamente wie Ibuprofen, Diclofenac, Voltaren oder Mefenaminsäure ein, die den Magen reizen können. Die Verordnung dieser Schmerzmittel wurde in die Studie nicht einbezogen. "Das wäre wichtig aber gewesen." Bleibe ein so wichtiger Einflussfaktor unberücksichtigt, lasse das nicht mehr zu als die Erhebung der Häufigkeit von Migräne bei Personen mit und ohne Säureblocker. "Aus der Studie lässt sich keinesfalls schließen, dass Säureblocker Migräne begünstigen."
Dass die Untersuchung einen solchen Schluss nicht zulässt, geben auch die Forschenden um Ernährungswissenschafterin Margaret Slavin zu. Es sei dennoch "wichtig, darauf hinzuweisen (…), dass Menschen mit Migräne, die diese Medikamente einnehmen, die Behandlung mit ihren Ärzten besprechen", summiert sie.
Reflux als moderne Volkskrankheit
Immer wieder wird diskutiert, ob Magensäureblocker Demenz befeuern. Der Effekt wurde bei der dritten gängigen Arzneimittelgruppe bei Reflux beobachtet: Antazida – chemische Substanzen, die bereits ausgeschiedene Magensäure neutralisieren. "Diese Mittel legen sich wie ein Film über die Magenschleimhaut. Es gibt sie flüssig oder als Tabletten", beschreibt Wöber. "Oft enthalten sie Aluminium, dessen Anreicherung im Körper mit der Entstehung von Alzheimer in Zusammenhang gebracht wurde." In neueren Studien wurde Demenz auch in Zusammenhang mit Pantoprazol gebracht. Allerdings: Solide Belege fehlen für beide Substanzklassen.
Über die Ursachen des Refluxes an sich herrscht hingegen Klarheit. Verantwortlich ist oft eine angeborene Schwäche des Bindegewebes im Ausgang der Speiseröhre. "Die zweite große Ursache ist eine Zuckerunverträglichkeit", führt Riegler aus. "Diese kann dazu führen, dass das Anti-Reflux-Ventil im Ausgang der Speiseröhre undicht wird – und es zu den Beschwerden kommt." Eine große Rolle spielt zudem die Art und Weise, wie der Mensch heutzutage isst: "Hastig, gestresst oder im Übermaß."
Angst vor der Diagnose brauche aber niemand haben, betont Riegler, der eine umfassende, rechtzeitige ärztliche Abklärung für unabdingbar hält. "Schwere Spätfolgen, etwa Speiseröhrenkrebs, lassen sich vermeiden, wenn sich Fachleute wie Betroffene verantwortungsvoll dem Thema widmen." In 80 Prozent der Fälle reiche eine Therapie über die Ernährung aus. "15 Prozent der Patientinnen und Patienten brauchen zusätzlich hin und wieder Säureblocker, nur fünf Prozent eine Operation."
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