Sodbrennen: Stress als unterschätzter Faktor
Univ.-Doz. Dr. Martin Riegler ist Facharzt für Chirurgie und Reflux-Experte sowie ärztlicher Leiter des Reflux Medical-Diagnose- und Therapiezentrums in Wien 9
KURIER: Allgemein gilt falsche Ernährung – generell zu viel, besonders zu viel Fettes, Süßes und Saures – als Auslöser von Sodbrennen. Sie weisen jetzt auch auf Stress als Ursache hin. Wurde das unterschätzt?
Martin Riegler: Ja, weil im medizinischen Alltag oft zu wenig Zeit bleibt, das Thema Stress und Psyche beim Erstgespräch zu hinterfragen. Falsche Ernährung, Alkohol und Nikotin verursachen Stress für den Stoffwechsel. Aber auch emotionaler Stress kann eine Rolle spielen: Anhaltender seelischer Druck bewirkt als Stressreaktion eine häufig erhöhte Ausschüttung der Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol, und dies wiederum begünstigt den Rückfluss von Säure und Galle in die Speiseröhre – Reflux in der Fachbezeichnung. Gleichzeitig gibt es über den Nervus vagus eine direkte Achse zwischen dem Gehirn und der Speiseröhre. Dauerstress, gepaart mit ungesunder Ernährung mit zu viel konzentriertem Zucker, , fördert Reflux durch Schwächung des Anti-Reflux-Ventils im Ausgang der Speiseröhre. Die Speiseröhre wird zum Blitzableiter für die leidende Seele. Eine Studie des schwedischen Karolinska-Instituts etwa ergab, dass Menschen mit ausgeprägten Ängsten ein mehr als dreifach so großes Risiko haben, Sodbrennen zu entwickeln.
Gibt es noch weitere Stressfaktoren?
Ja. Mechanistischen Stress durch besonders starke Belastung der Bauchmuskulatur, etwa beim Heben schwerer Gegenstände durch Untrainierte. Und Stress in der Schwangerschaft, wenn das Baby von unten auf den Magen drückt und dadurch den Bauchraumdruck erhöht. All diese Stressfaktoren steigern die Sensibilität für Schmerzwahrnehmung in der Speiseröhre.
Auf welche Symptome sollten man besonders achten?
Ein Druckgefühl in der Brust, das Gefühl eines Knödels im Hals, Magenschmerzen, dazu manchmal auch Schluckbeschwerden oder Reizhusten. Eine flache Atmung kann diese Beschwerden noch verstärken.
Wie diagnostizieren Sie „emotionalen Stress“ als Auslöser und welche Therapien gibt es?
Ein ausführliches Erstgespräch, das auch auf mögliche psychische Ursachen eingeht, bringt meist schon gute Hinweise. Bei 80 Prozent der Patienten helfen eine Umstellung der Ernährung und eine Unterstützung bei der positiven Verarbeitung Stress auslösender Faktoren – bei Bedarf auch mit Unterstützung durch eine Psychologin. Auch medikamentöse Therapie kann – zumindest in der Anfangsphase der Therapie – sehr hilfreich sein. Erst wenn sich trotz konsequenter Behandlung das Wohlbefinden nicht ausreichend wiederherstellen lässt, ist eine chirurgische Behandlung zu erwägen.
Buchtipp: „Wenn Stress sauer aufstößt – Der Weg zu einer gesunden Speiseröhre“ von Martin Riegler, Petra Fuss und Karin Hönig-Robier, Maudrich, 19.90 Euro
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