PRO
Gefäßmediziner Martin Storck
„Laut dem wissenschaftlichen Cochrane Review (Übersichtsarbeit, Anm.) sind für eine Rauchentwöhnung E-Zigaretten genauso hilfreich wie pharmazeutische Entwöhn-Methoden und sogar besser als Nikotinersatzpräparate.
Da 80 Prozent der Raucher eine dauerhafte Entwöhnung aus unterschiedlichen Gründen, vor allem fehlender Motivation, nicht schaffen, ist es ethisch problematisch, diese Menschen einfach weiterrauchen zu lassen, nach dem Prinzip: quit or die. Die Gefahren des Zigarettenrauchens sind im Vergleich zu den möglichen Risiken von E-Zigaretten unvergleichlich höher, denn bei E-Zigaretten wird kein hochgiftiger, krebs- und arteriosklerosefördernder Verbrennungsrauch eingeatmet.
Leider besteht eine Fehlwahrnehmung bei Rauchern, dass E-Zigaretten genauso gefährlich sind wie Verbrennungszigaretten, was nicht den wissenschaftlich gesicherten Tatsachen entspricht – die geschätzten Gefahren des Zigarettenrauchens sind um den Faktor 20 bis 100 bedenklicher einzustufen.
International beobachtet man, dass Nikotinprodukte ohne Tabakverbrennung einen Beitrag dazu leisten, Raucherquoten drastisch zu senken. Das gilt im Zusammenhang mit E-Zigaretten für Länder wie Großbritannien, die USA und Neuseeland. Tabakerhitzer in Japan und besonders Tabak- bzw. Nikotinbeutel in Schweden haben einen ähnlichen Effekt. Schweden gilt als eines der ersten rauchfreien Länder (Raucherquote unter 5 Prozent).
Nikotinabhängigkeit beginnt häufig im Teenager-Alter. Zusammen mit den über Jahre gelernten Rauch-Ritualen ist eine Verhaltensänderung Richtung Abstinenz daher sehr schwer. Nikotin ist nach der vorliegenden Wissenschaft nur in sehr geringem Maße für die Schädlichkeit des Rauchens verantwortlich.“
CONTRA
Lungenfacharzt Bernd Lamprecht
„Wir wünschen uns, dass Menschen, die Zigaretten rauchen, im Idealfall von dieser Abhängigkeit ganz loskommen und nicht in eine neue schlittern. Denn im Gegensatz zu Nikotinersatzprodukten wie Kaugummis oder Pflaster, die für einen begrenzten Zeitraum von circa drei Monaten empfohlen werden, wird die E-Zigarette häufig zur Dauereinrichtung – weil es zu keiner Verhaltensänderung kommt.
Deshalb ist es für mich nicht verwunderlich, dass die E-Zigarette beim Aufhören mit dem Tabakrauch gut abschneidet – man kommt zwar von der Zigarette weg, aber es ist nur ein Umstieg, kein Ausstieg aus einem Suchtverhalten. Das ist ja auch das Ziel der Hersteller, die Konsumenten langfristig zu binden und nicht Hilfe bei der Rauchentwöhnung zu leisten.
Man sollte auch nicht glauben, dass man verlässlich das kleinere Übel gewählt hat. Zwar fallen die Rauchinhaltsstoffe weg und damit ein Faktor für Krebs. Aber über Langzeitfolgen wissen wir viel zu wenig.
Ein schwedisches Forscherteam mit österreichischer Beteiligung konnte nachweisen, dass E-Zigaretten, die Nikotin enthalten, die Neigung zu Thrombosen, Blutgerinnseln, genauso fördern wie Tabakzigaretten. Die Fachgesellschaft der deutschen Lungenärzte hat im Frühjahr ein Verbot von Aromastoffen in E-Zigaretten gefordert, weil sie die Gesundheitsrisiken als relevant einschätzt – wie sie auf die Atemwege wirken, wissen wir vielfach nicht.
Überdies gibt es Hinweise, dass dauerhaftes Bedampfen der Atemwege ihre Selbstreinigungsfunktion stört. Deshalb sollte man alles zu unternehmen, um den Ausstieg ohne E-Zigaretten zu schaffen, das auch mehrfach versuchen, und sich dabei auch Hilfe holen, etwa in Raucherentwöhnungsseminaren. Dann hat man gute Chancen, erfolgreich zu sein.“
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