Rasches Eingreifen rettete das Leben von Christian Eriksen
Es war ein Schock für Mitspieler, Fans und Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten: Am Samstag brach der dänische Nationalspieler Christian Eriksen kurz vor der Halbzeitpause im Spiel gegen Finnland plötzlich zusammen. Der 29-Jährige blieb bewusstlos auf dem Rasen liegen, die Mitspieler liefen zu ihm. Teamkapitän Simon Kjær brachte Eriksen in die stabile Seitenlage. Wenig später kamen Ärzte und Sanitäter aufs Feld und mussten den Profispieler nach einem Herzstillstand reanimieren. Dieses rasche Eingreifen hat ihm das Leben gerettet. Wenige Zeit später wird er auf einer Trage aus dem Stadion getragen – und ist wieder bei Bewusstsein.
Nicht typisch
Dieser Ablauf ist alles andere als typisch für Patienten mit Herz-Kreislaufstillstand, sagt Notfallmediziner Wolfgang Schreiber.
„Dass ein Patient nach einem Herzstillstand ansprechbar ist, ist nur möglich, wenn professionelle Hilfe unmittelbar zur Verfügung steht. Üblicherweise dauert es länger, bis adäquat reagiert wird.“
Jung und fit
Im Fall des dänischen Nationalspielers Christian Eriksen kommt noch hinzu, dass er als Profispieler jung und körperlich fit ist. „Ein Kreislaufstillstand ist normalerweise keine Erkrankung des jungen, fitten Menschen, sondern eher ein Erkrankungsbild der älteren Population. Wie hoch die Überlebenschancen sind, hängt von vielen Faktoren ab, etwa vom biologischen Alter, aber auch davon, ob die Person Mehrfacherkrankungen hat“, sagt Schreiber.
Sowohl im Profi- als auch im Amateurbereich erleiden aber auch gesunde Sportler immer wieder unter großer Belastung einen Kreislaufstillstand, etwa bei Marathonläufen. Laut einer US-Studie kommt es etwa bei einem von 400.000 Halbmarathonläufern zu einem Herzstillstand, bei Marathonläufern über die volle Distanz bei einem von 100.000 Läufern. Schreiber: „In der Regel handelt es sich um fitte Leute, bei denen nicht damit gerechnet wird. Insgesamt passiert das aber nicht häufig.“
Am häufigsten
Bei Hobbysportlern ist die häufigste Ursache für einen Herzstillstand unter Belastung, dass sie eine bisher nicht bekannte Erkrankung der Herzkranzgefäße aufweisen. Diese können etwa leicht verengt sein, aber in einem Maße, bei dem es im Alltag
zu keinerlei Einschränkung kommt. Bei Spitzenleistung kann dann die Innenwand des verengten Gefäßes einreißen, Ablagerungen werden in die Blutbahn gespült. Ein Gerinnsel bildet sich, verstopft das Gefäß – und es kommt zum Herzinfarkt.
Für Profi überraschend
Selbst bei einem Belastungs-EKG können diese unentdeckt bleiben. „Besonders im Profifußball ist ein Herzstillstand überraschend, weil die Spieler stets untersucht werden, etwa mit Ultraschall oder einem EKG unter Belastung, um Risiken zu reduzieren. Nicht immer ist die Ursache für einen Herzstillstand aber vorab zu entdecken“, betont Schreiber.
Eine weitere Möglichkeit für einen Herzstillstand ist Kammerflimmern. Es kommt zu einer Herzrhythmusstörung, bei der das Organ mit sehr hoher Frequenz schlägt und letztlich nicht mehr in der Lage ist, Blut zu pumpen. „Die Überlebenschancen hängen sehr stark davon ab, was die Personen machen, die einen Herzstillstand beobachten. Ersthelfer müssen rasch reagieren, Hilfe holen und mit der Herzdruckmassage beginnen, bis die Rettung eintrifft“, erklärt Notfallmediziner Schreiber (siehe unten).
Defibrillatoren
Automatische Defibrillatoren, die immer verbreiteter sind, können dabei unterstützen. Sie sind durch ein grünes Schild mit weißem Herz gekennzeichnet. „Der automatische Defi ist gerade bei Kammerflimmern lebensrettend. Das Kammerflimmern kann damit sofort beendet werden“, betont Notarzt Ernest Zulus, ärztlicher Leiter des Ärztefunkdienstes in Wien.
Es gilt der Spruch „Time is Brain“, also Zeit ist Gehirn – je schneller man professionell reagiert, desto weniger ist die Person beeinträchtigt. Nicht bei allen Herz-Kreislauf-Stillständen wird im Nachhinein eine eindeutige Ursache gefunden.
Zulus beobachtet als Notarzt, dass auch Laien oft engagiert mit Erstmaßnahmen beginnen. Vor allem seit in Erste-Hilfe-Kursen verstärkt vermittelt wird, dass die Beatmung in den ersten Minuten weniger wichtig ist als die Herzdruckmassage, habe die Scheu abgenommen. „Für viele ist Mund-zu-Mund-Beatmung bei Fremden eine Überwindung. Wenn man eine gute Herzmassage macht, kommt es aber auch zu einer gewissen Ventilation der Lunge. Das reicht durchaus, um wichtige Zeit zu überbrücken“, sagt Zulus.
Der Notarzt betont, dass die meisten Patienten nach einer Reanimation auf die Intensivstation kommen und Tage bis Wochen brauchen, bis sie sich kognitiv wieder erfangen. Dass man wie Eriksen gleich ansprechbar ist, sei nicht selbstverständlich.
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