Weltkongress: Was 4.000 Psychiater in Wien besprechen
Rund 80 Prozent der psychiatrischen Erkrankungen entstehen bereits im frühen Erwachsenenalter oder im Jugendalter. Umso wichtiger ist daher die Prävention - und eine Früherkennung. "Die Belastungen für diese Altersgruppe haben massiv zugenommen", sagt Nilufar Mossaheb. Die Psychiaterin leitet die Ambulanz zur Früherkennung von Psychosen an der MedUni und dem AKH Wien, und in ihrem Fachgebiet sei es wie in jeder anderen medizinischen Disziplin: "Je früher eine Behandlung beginnt, desto besser ist der Krankheitsverlauf." Besonders für die Begleitung junger Menschen zeigt sich: "Die Zukunft der Psychiatrie liegt in der Prävention."
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Weltkongress für Psychiatrie findet in Wien statt
Neben dem großen Thema Prävention zählen die Pandemie und ihre Folgen wie Long-Covid, der Klimakrise, aber auch Krieg und Flucht zu den großen Herausforderungen für die Psychiatrie in den kommenden Jahren und sind Schwerpunkte beim diesjährigen Weltkongress für Psychiatrie. Nach 40 Jahren findet diese wichtigste Veranstaltung des Weltverbands der Psychiatrie (WPA) heuer wieder in Wien statt (28. 9. bis 1. 10.) und wird von der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik (ÖGPP) mitveranstaltet.
Rund 4.000 Wissenschafter und Wissenschafterinnen des Fachbereichs Psychiatrie aus aller Welt werden erwartet. Für die Stadt Wien mit ihrer langen Geschichte in der Psychiatrie sei die Rückkehr "eine Ehre. Aber auch eine große Chance, dieses wichtige Thema in den Fokus zu rücken", wie Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, betont.
Stigmatisierung psychischer Erkrankungen ist noch weit verbreitet
Eine Stigmatisierung durch eine psychische Störung verhindert aber noch immer häufig, dass rechtzeitig gegengesteuert wird. "Da gibt es noch viel zu tun, auch wenn die Pandemie den Fokus auf breitere Bevölkerungsschichten erweitert hat", sagt Martin Aigner, ÖGPP-Präsident und Leiter der Klinischen Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Uniklinikum Tulln in Niederösterreich. "Die Psychiatrie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen."
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Anlaufstellen zur Früherkennung psychischer Erkrankungen stärker aufbauen
Es ist weder bei belasteten Personen noch in der Allgemeinbevölkerung bekannt, dass es spezialisierte Anlaufstellen gibt. Diese sogenannten Früherkennungsambulanzen setzen dort an, wo die Menschen das Gefühl haben, etwas stimmt nicht. "Wir haben zunehmend die Möglichkeit, belasteten Personen in relativ frühen Phasen eine Abklärung ihrer Probleme und Maßnahmen zum Gegensteuern anzubieten." Einige spezialisierte Ambulanzen gibt es etwa an der Abteilung für Sozialpsychiatrie der MedUni/AKH Wien.
Es fehlen Ressourcen an Psychiatern
Zur Bewältigung aktueller und zukünftiger Herausforderungen sind ausreichend viele Psychiater und Psychiaterinnen sowie Anlaufstellen nötig. Psychische Erkrankungen können durch lebensgeschichtliche, soziale und biologische Faktoren entstehen. "Diese Aspekte müssen in Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden", erläutert Johannes Wancata, Leiter der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie, MedUni/AKH Wien.
In Wien gibt es laut Lochner 359 Fachärzte für Psychiatrie (inkl. Neurologie u. Psychotherapeutische Medizin), davon arbeiten 35 in Kassenordinationen, 154 in einem Anstellungsverhältnis. Und 421 Wahlärzte ordinieren. Wancata ergänzt: „Österreichweit sinkt die Zahl der Psychiater kontant, auch wegen der Altersstruktur. Dafür müssen wir Lösungen finden.“
Generell sind personelle Ressourcen notwendig, doch daran fehlt es zunehmend. Rund 30 Prozent der Psychiaterinnen und Psychiater sind um die 60 Jahre alt, und es fehlt an Anlaufstellen. Aigner betont daher die Wichtigkeit, "gut ausgebildete Fachärzte und -ärztinnen im psychiatrischen Feld" zu gewinnen.
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