Die Pille hat einen schlechten Ruf - gerechtfertigt ist das nicht

Die Pille hat einen schlechten Ruf - gerechtfertigt ist das nicht
Hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille abzulehnen, ist Zeitgeist. Treibende Kraft ist Social Media. Die Leidtragenden der zunehmenden Hormonphobie sind Frauen.

Hormonelle Verhütung, so fasst es eine junge Frau auf Tiktok zusammen, „ist das Rauchen unserer Generation“. Wer die Antibabypille nimmt, werde depressiv, behauptet eine andere. Eine weitere würde sie nicht mal ihrer schlimmsten Feindin empfehlen.

Einst als Symbol sexueller Selbstbestimmung gefeiert, verliert die Pille seit Jahren an Beliebtheit. Zwischen 2012 und 2019 ist der Anteil der Anwenderinnen in Österreich von 41 Prozent auf 34 Prozent gesunken. Die Verwendung wirksamer hormoneller Verhütungsmethoden ist im gleichen Zeitraum von 60 auf 48 Prozent zurückgegangen. Treibende Kraft hinter der zunehmenden „Pillenangst“ ist Social Media. Auf den Plattformen wird die Pille als „Hormon-Bombe“ geschmäht, unter Hashtags wie #naturalbirthcontrol und #quittingbirthcontrol über vermeintliche körperliche und seelische Schäden berichtet.

Antibabypille gratis in Österreich? Gesundheitsminister lässt prüfen

Fachleute verfolgen diese Entwicklung mit Sorge. Der deutsche Berufsverband der Frauenärzte warnte zuletzt vor „Hormon-Bashing“ in sozialen Medien. Britische Ärztinnen und Ärzte sehen einen Zusammenhang zwischen Falschinformation im Netz und gestiegenen Abtreibungsraten. Eine Konsequenz der „Pillenangst“, die auch in Österreich möglich ist, erklärt Barbara Maier, Vorständin der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Klinik Ottakring. Jede zweite Frau, die in Österreich abtreibt, hat nicht hormonell verhütet, teilt das Gynmed Ambulatorium für Schwangerschaftsabbruch und Familienplanung auf Anfrage mit.

Kommentare