Antibabypille gratis in Österreich? Gesundheitsminister lässt prüfen

Studie: Millionen Frauen haben keinen Zugang zu Verhütunfsmitteln
In Italien gibt es das kostenlose Angebot bereits. Auch in anderen Punkten sollte nachgeschärft werden, sagt die ÖGF.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) kann sich vorstellen, dass die Antibabypille - wie in Italien - auch in Österreich bald kostenlos erhältlich sein könnte. Derzeit laufe zu dieser Frage eine Studie, sagte er am Mittwoch nach dem Ministerrat. Mit ersten Ergebnissen werde spätestens Ende November 2023 gerechnet. 

Offene Fragen zur Gratisverhütung auf diese Weise beträfen vor allem die Kosten und wie man die Gratisverhütung konkret implementiert, berichtete Rauch.

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Vorbild Italien

In Italien können Frauen aller Altersgruppen künftig die Antibabypille als Verhütungsmittel kostenlos erhalten. Das hat ein Ausschuss der italienischen Arzneimittelagentur AIFA kürzlich beschlossen. 140 Millionen Euro nimmt der italienische Staat dafür in die Hand. "Ja, ich kann mir das vorstellen", meinte Österreichs Gesundheitsminister Rauch auf Nachfrage nach der Regierungssitzung. Allerdings müssten "die Rahmenbedingungen passen".

Neben Italien wurde auch in anderen europäischen Ländern unlängst bei der Verhütungspolitik nachgeschärft. In Frankreich etwa sind Kondome für junge Leute zwischen 18 und 25 Jahren seit 1. Jänner 2023 kostenlos erhältlich. Die Antibabypille und weitere Verhütungsmittel wie die Spirale sind dort für unter 18-Jährige ebenfalls gratis. Noch besser ist die Situation in Großbritannien, wo mehrere Verhütungsmittel kostenlos zur Verfügung stehen. Insgesamt haben rund 20 von 46 europäischen Ländern Verhütung in ihr Gesundheitssystem eingebunden.

Junge und marginalisierte Frauen

"Die aktuelle österreichische Verhütungspolitik zählt zu den schlechtesten in ganz Nord- und Westeuropa", kritisiert Katharina Riedlmair von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung (ÖGF). Vor allem junge oder marginalisierte Frauen und Paare müssten finanzielle Überlegungen vor individuelle Bedürfnisse stellen. So zeigt der 2019 veröffentliche Verhütungsreport auf, dass mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher auf eine andere Verhütung umsteigen würden, wenn die Kosten übernommen werden. 

Die ÖGF begrüßt daher den Vorstoß des Gesundheitsministers. "Ideal wäre es natürlich, wenn Verhütungsmittel für alle Menschen kostenfrei zugänglich sind." Primär sollten jedoch Menschen mit keinem oder geringen Einkommen, also junge oder marginalisierte Gruppen, kostenfreien Zugang zu Verhütung bekommen, so Riedlmair.

Pille, Kondom und Spirale

Wichtig wäre außerdem, so Riedlmair, neben Antibabypille und Kondom - die in Österreich am meisten verwendeten Verhütungsmittel - auch die Spirale (Kupfer- oder Hormonspirale) kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Diese sei als langfristiges Verhütungsmittel nicht nur besonders sicher, sondern: "Wir merken vor allem, dass bei jüngeren Frauen vermehrt zu hormonfreier Verhütung gegriffen wird."

Laut dem Verhütungsatlas, der 2017 zum ersten Mal erstellt wurde, ist Österreich in Sachen Verhütung im europäischen Vergleich nur im oberen Mittelfeld (Platz 19 von 46 Ländern). Positiv hervorgehoben wird die Online-Information zu Verhütungsmitteln, die hierzulande verfügbar ist.  Allerdings: "Wir merken zum Beispiel in Schulen immer wieder, dass korrektes Wissen zu Verhütungsmitteln oft nicht gegeben ist. Das kann auch daran liegen, dass man sich diese Information selbst besorgen muss."

Neben einem kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln fordert die ÖGF, "dass altersgerechte sexuelle Bildung für Kinder und Jugendliche, aber auch Informations- und Bildungsangebote zur sexuellen Gesundheit für Erwachsene stärker gefördert und kostenlos wird". Aktuell können Gynäkologinnen und Gynäkologen für Verhütungsberatungen für Menschen über 18 Jahren Vergütungen verlangen.

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