Osteoporose tritt familiär gehäuft auf. Die maximale Knochenmasse, die wir mit etwa 25 Jahren erreichen, wird stark genetisch bestimmt. Aber auch der Lebensstil beeinflusst den Knochenstoffwechsel und das Ausmaß des Knochenmasseverlusts.
Was schadet den Knochen?
Alkohol und Nikotin sind Knochengifte. Schützend wirkt Bewegung – und zwar schon in jungen Jahren. Die Knochenprophylaxe beginnt in der Kindheit. Besonders geeignet zur Verbesserung der Knochendichte ist eine Kombination aus Bewegungen mit hoher Gewichtsbelastung und Krafttraining. Je älter man wird, desto wichtiger ist Gleichgewichtstraining, um Stürzen vorzubeugen. Grundvoraussetzung für gesunde Knochen ist eine gesunde Ernährung mit ausreichender Eiweißversorgung über mageres Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Eine tägliche Kalziumzufuhr von 1.000 Milligramm – vornehmlich über Milch und Milchprodukte – wird empfohlen. Drittens sollte der Vitamin-D-Spiegel im Normbereich liegen – das lässt sich durch Zeit im Freien, Vitamin-D-reiche Nahrung sowie eine etwaige Ergänzung, speziell im Winter, realisieren.
Klingt nicht kompatibel mit pflanzlicher Ernährung?
Milchprodukte sind unsere wichtigste Kalziumquelle. Man kann auch kalziumreiches Mineralwasser trinken oder Kalzium in Tablettenform zu sich nehmen. Bei veganer Ernährung wissen wir aus Studien, dass sie sich negativ auf die Mikroarchitektur des Knochens auswirkt.
Osteoporose verläuft lange symptomlos. Gibt es dennoch Frühzeichen?
Viele Patientinnen und Patienten wissen tatsächlich nicht, dass sie Osteoporose haben. Die Abnahme der Knochenmasse tut nicht weh. Oft legt erst ein Bruch der Diagnose die Rutsche. Als Faustregel gilt: Wenn man vom Kirschbaum fällt, ist es normal, sich etwas zu brechen. Wenn man aus dem Stand fällt, darf das nicht passieren. Auch eine deutliche Abnahme der Körpergröße kann ein Anzeichen für eingebrochene Wirbelkörper sein.
Wie erfolgt die Diagnose?
Je früher wir die Osteoporose erkennen, desto eher können wir etwas tun. Ein Arzt-Patienten-Gespräch liefert Hinweise auf Risikofaktoren, bei Verdacht auf erhöhtes Sturzrisiko sollte eine Austestung der Balance erfolgen. Liegen Risikofaktoren vor, etwa falls ein Elternteil eine Hüftfraktur hatte, sollten Betroffene ab dem 50. Lebensjahr eine sogenannte FRAX-Analyse durchführen und so ihr Frakturrisiko bestimmen lassen.
Die Knochendichtemessung ist nicht der erste Schritt?
Nein, die Ergebnisse der FRAX-Analyse entscheiden über das weitere Vorgehen und gegebenenfalls über die Notwendigkeit einer zusätzlichen Knochendichtemessung. Eine Blutabnahme ist ebenso Teil der Diagnostik.
Die Nachricht, an einer chronischen Erkrankung zu leiden, ist für viele wohl zunächst ein Schock.
Es ist natürlich belastend, wenn man erfährt, dass man an einer chronischen Erkrankung leidet. Aber wir können die Patientinnen und Patienten beruhigen, weil wir wissen, dass wir gute, effektive Medikamente haben. Das Bruchrisiko kann dadurch um bis zu 70 Prozent gesenkt werden. Voraussetzung ist die Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten: Dass sie ihr Kalzium nehmen, den Vitamin-D-Spiegel beachten und möglichst gesund leben, regelmäßig sportlich aktiv sind.
Steigt die Zahl der Betroffenen? Und wenn ja, warum?
Ja, die Zahlen steigen. Laut neuesten Daten leiden in Österreich 552.000 Menschen an Osteoporose, 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Besonders drastisch: In Österreich kommt es zu etwa 110.00 osteoporotischen Frakturen pro Jahr, 300 Frakturen am Tag, also zwölf neuen Frakturen pro Stunde. Die Zahl der Frakturen steigt zunehmend, um fast 20 Prozent jährlich. Das ist durch die alternde Bevölkerung zu erklären.
Warum sind Frauen häufiger betroffen?
Zum einen erreichen Frauen eine niedrigere maximale Knochenmasse als Männer. Und zum anderen haben sie dann einen stärkeren altersbedingten Abfall der Knochendichte, speziell dann, wenn das schützende Östrogen wegfällt - in den Jahren um den Wechsel.
Was sind neueste Therapien?
Wir haben glücklicherweise verschiedene therapeutische Ansätze: Es gibt Präparate, die den Knochenstoffwechsel und damit den Knochenabbau drosseln. Bei starker Osteoporose haben wir die Möglichkeit, Knochen medikamentös neu aufzubauen. Das neueste Medikament wirkt dual, es wird der Abbau gehemmt und gleichzeitig der Aufbau angeregt. Neu ist auch, dass wir gezielter nach Schweregrad therapieren.
Sind Betroffene in Österreich gut genug versorgt?
Definitiv nicht. Während nach einem Herzinfarkt umfassende Vorsorgemaßnahmen eingeleitet werden, ist das beim Knochenbruch nicht der Fall. Pro Stunde treten hierzulande zwölf neue osteoporotische Brüche auf. Die Patienten werden unfallchirurgisch gut versorgt, bleiben aber oft ohne Nachbehandlung. Dabei wäre es wünschenswert, alle Patienten im Rahmen eines integrierten Versorgungssystems weiter zu betreuen und vor einer Folgefraktur zu schützen.
Kommentare