Schmerzendes Ohr nach dem Baden: Welche Behandlung hilft bei Badeotitis wirklich?
Die englische Bezeichnung klingt harmlos: "Swimmer's ear" bezeichnet die jetzt im Sommer sehr häufige Entzündung des äußeren Gehörgangs nach dem Schwimmen und Tauchen. Diese "Badeotitis" tritt bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen auf und kann recht schmerzhaft sein, sagt die HNO-Fachärztin Claudia Lill, stellvertretende Leiterin des Kopf-Hals-Instituts im Evangelischen Krankenhaus Wien.
Bleibt nach dem Schwimmen mit Bakterien verunreinigtes Wasser (seltener sind Viren oder Pilze) im äußeren Ohr (es beginnt mit der Ohrmuschel und endet beim Trommelfell), kann das zur Entzündung führen. "Der Gehörgang schwillt an, es kommt zu meist starken Schmerzen vor allem bei Druck auf den Knorpel vor dem Gehörgang. Aber auch das Ziehen an der Ohrmuschel oder am Ohrläppchen ist sehr schmerzhaft", sagt Lill.
Denn der etwa 2 bis 3,5 Zentimeter lange knöcherne Gehörgang ist nur von einer dünnen Haut überzogen, es gibt – wie eigentlich sonst überall im Körper – kein Unterhautfettgewebe als Polsterung und Verschiebeschicht. Kommt es zu einer Entzündung, reibt die angeschwollene Haut direkt am Knochen beziehungsweise hebt sich die Knochenhaut ab, was zu Spannung führt: "Dadurch ist es so schmerzhaft." Juckreiz und die Absonderung von Flüssigkeit können weitere Symptome sein. Vor allem kleinere Kinder können auch Fieber bekommen.
Ein Hausmittel zur Erstversorgung
"Als Hausmittel kann man in der Prävention oder zu Beginn der Entzündung Essigwasser mit abgekochtem Wasser (Achtung: handwarm anwenden!) im Verhältnis von 1:1 mischen und den Gehörgang damit einige Minuten lang spülen", sagt Lill. "Das hat eine leicht desinfizierende Wirkung." Allerdings: "Etwas ins Ohr eintropfen darf man wirklich nur dann, wenn man sicher weiß, dass es kein Loch im Trommelfell gibt – andernfalls kann es zu einer schweren Entzündung auch im Mittelohr kommen." Ein solches Loch kann aber nur eine Hausärztin bzw. ein Hausarzt oder eine HNO-Fachärztin bzw. Facharzt feststellen.
Medizinisch wird eine Ohrenentzündung als Otitis bezeichnet.
Die "Otitis externa" ("Badeotitis") ist eine Entzündung des äußeren Gehörgangs. Sie tritt vorwiegend im Sommer auf und wird meist durch Bakterien im Wasser ausgelöst. Symptome: Starke diffuse Schmerzen vor allem bei Druck auf das Ohr (meist einseitig), Rötung und Schwellung des Gehörganges, Absonderung von Sekret, bei Kleinkindern gelegentlich auch Fieber.
Die "Otitis media" ist eine Entzündung der Schleimhaut im Mittelohr (einseitig oder beidseitig). Sie tritt meist in der Verbindung bzw. als Folge einer Erkältung auf und zählt zu den häufigsten Infekten bei Kleinkindern. Auslöser können Viren und Bakterien sein. Symptome: Plötzliche Ohrenschmerzen, häufig Fieber, schlechteres Hören, Gleichgewichtsprobleme.
Welche Therapie am wirksamsten ist
Die HNO-Spezialistin rät deshalb dazu, bei Schmerzen im Ohr möglichst rasch einen Arzt aufzusuchen: "Auch um abzuklären, ob es sich wirklich um eine Gehörgangsentzündung oder nicht vielleicht doch eine Mittelohrentzündung handelt", betont Lill. Ist lediglich der Gehörgang entzündet, seien Ohrentropfen am wirksamsten, die sowohl ein Antibiotikum als auch Kortison enthalten. "Diese muss man mindestens zehn Tage lang anwenden." Ein Antibiotikum zum Schlucken ist bei der Badeotitis im Normalfall nicht notwendig – bei der Mittelohrentzündung kann ein solches angezeigt sein, wenn andere Therapien (z. B. Schmerzmittel und Nasentropfen) keine rasche Wirkung zeigen.
Ausschließlich desinfizierende Ohrentropfen seien als Prävention bei Personen empfehlenswert, die häufig von Gehörgangsentzündungen betroffen sind. "Bei akuten Schmerzen würde ich sie zumindest für Kinder nicht empfehlen", sagt Lill: "Das sind Mischungen aus Essigwasser und Alkohol, und bei einem bereits entzündeten Ohr kann der Alkohol extrem brennen und erst wieder Schmerzen verursachen." Außerdem sei bei einer bestehenden Entzündung die Wirkung fraglich.
Auch auf der unabhängigen Gesundheitsplattform gesundheitsinformation.de des deutschen Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) heißt es: "Für desinfizierende Ohrentropfen, die man ohne Rezept in der Apotheke kaufen kann, gibt es keine Hinweise, dass sie ähnlich wirksam sind wie etwa Tropfen mit Antibiotika oder Kortison."
Mit einer guten Ohrenhygiene könne einer Badeotitis vorgebeugt werden. Das Cerumen ("Ohrenschmalz") verhindert die Austrocknung der Gehörgangshaut und wirkt auch antibakteriell. "Zu viel Ohrenschmalz kann allerdings Entzündungen begünstigen", sagt Lill. "Viele meiner Patientinnen und Patienten lassen sich vor einem Badeurlaub die Ohren reinigen."
Keine Wattestäbchen ins Ohr
Auf keinen Fall sollte man selbst mit Watte- oder anderen Stäbchen selbst die Ohren putzen: "Damit trocknet man die Haut im Gehörgang aus, was sie für Infektionen anfälliger macht. Gleichzeitig produzieren die Drüsen im äußeren Gehörgang dadurch mehr Cerumen nach – das ist kontraproduktiv. Und man drückt das Ohrenschmalz weiter nach hinten." Es kann auch zu kleinen Verletzungen der Gehörgangshaut kommen, die Infektionen und Entzündungen begünstigen können. "Aber auch Verletzungen des Trommelfells sehe ich dadurch immer wieder."
Grundsätzlich sei es nicht notwendig, ständig die Ohren zu putzen: "Das Ohrenschmalz ist ja ein natürlicher Schutz. Die Drüsen produzieren in der Regel gerade so viel davon, dass die Haut im Gehörgang nicht trocken ist." Allerdings können etwa sogenannte "In-Ear-Kopfhörer" bzw. deren häufige Verwendung ebenso wie hohe Temperaturen und starkes Schwitzen die Haut austrocknen und die Ohrenschmalzproduktion ankurbeln. "Eine regelmäßige Kontrolle beim HNO-Arzt ist deshalb sinnvoll, weil sich sonst auch mit den Jahren ein Pfropf bilden kann, der den Gehörgang verlegt und zu einer Hörminderung führt, so lange er nicht entfernt wird."
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