Neue Studie: So stark senken Impfungen das Risiko für Long Covid
Geschätzt mindestens 17 Millionen Menschen in Europa waren laut einer für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführten Analyse in den ersten beiden Jahren der Pandemie von Long-Covid-Symptomen betroffen. Als Kriterium galt eine Symptomdauer von mindestens drei Monaten in den Jahren 2020 und 2021. Angesichts dieser Zahlen macht eine neue Studie aus Israel jetzt große Hoffnung: Die Covid-Impfungen reduzieren das Auftreten von Long Covid deutlich.
Untersucht wurde das Auftreten von Long-Covid-Symptomen bei Menschen, die zumindest zweimal geimpft waren im Vergleich zu Menschen, die einmal oder gar nicht geimpft waren. Dabei zeigte sich bei allen der zehn häufigsten Long-Covid-Symptome: Die Häufigkeit jedes dieser Symptome war bei den zweifach Geimpften um mindestens 50 Prozent geringer im Vergleich zu den einfach oder gar nicht Geimpften.
Als "Long Covid" gelten alle Symptome, die zwölf Wochen nach dem positiven PCR-Test noch bestehen oder neu aufgetreten sind.
Insgesamt wurden die Daten von 951 Infizierten untersucht. Die häufigsten Long-Covid-Symptome waren anhaltende Müdigkeit / Erschöpfung (bei 22 Prozent der Studienpopulation), Kopfschmerzen (20 Prozent), Schwäche (13 Prozent) und anhaltende Muskelschmerzen (10 Prozent).
Bei den zweifach Geimpften waren diese Symptome aber deutlich seltener als bei den Ungeimpften: chronische Erschöpfung um 62 Prozent, Kopfschmerzen um 50 Prozent, generelle Schwäche um 62 Prozent und Muskelschmerzen um 66 Prozent. Am stärksten war der Rückgang bei der Kurzatmigkeit, die als Long-Covid-Symptom bei den zweifach Geimpften um 80 Prozent seltener war im Vergleich zu den Ungeimpften.
Zum Vergleich: Bisher ist man von einer geringeren Reduktion des Long-Covid-Risikos durch Impfungen ausgegangen, in verschiedenen Untersuchungen um die 25 Prozent.
"Die Kirsche auf der Torte"
"Das ist wirklich die Kirsche auf der Torte - es ist ein Nutzen der Impfungen, den wir nicht erwartet haben", sagt Studienleiter Michael Edelstein von der Bar Ilan Universität in einem Interview mit der Times of Israel. Die Studie ist im Fachmagazin Vaccines erschienen.
"Wir wissen seit Langem, dass die Impfung die Schwere von Covid-19-Erkrankungen reduziert", sagt Edelstein. "Aber wir sehen zunehmend eine Evidenz, dass es darüberhinaus einen weiteren Nutzen gibt, konkret den Schutz gegen unangenehme - und manchmal das Leben verändernde - Long-Covid-Symptome.
"Der deutsche Virologe Marco Binder vom deutschen Krebsforschungszentrum kommentierte die Studienergebnisse auf Twitter folgendermaßen: "Schützt die Covid-19-Impfung auch vor Long Covid / Post Covid? Die allermeisten Studien dazu sagen "ja", aber die Effektivität ist schwer zu bestimmen. Hier eine neue Studie aus Israel, die einen sehr starken, nahezu vollständigen Schutz zeigt!"
Ein wenig eingeschränkt wird die Aussagekraft dadurch, dass die infizierten Studienteilnehmer über eine Online-Umfrage mit einer geringen Rücklaufquote ermittelt wurden, schreibt das deutsche Ärzteblatt: "Die Forscher luden alle 79.482 Erwachsenen ein, bei denen bis Mitte November 2021 ein PCR-Test gemacht wurde, einen Onlinefragebogen zu ihren aktuellen Beschwerden auszufüllen."
3.572 Personen füllten den Fragebogen aus, von den eben letztlich 951 infiziert waren. 340 hatte eine Dosis des Biontech/Pfizer-Impfstoffes erhalten, 294 zwei Dosen. 317 an Covid-19 erkrankte Personen waren vor der Infektion nicht geimpft worden. "Es könnten sich bevorzugt Personen gemeldet haben, die wegen Symptomen ein größeres persönliches Interesse haben", so das Ärzteblatt.
Allerdings mehren sich die Daten, die einen derartigen Schutz der Impfungen vor Long Covid bestätigen. "Es gibt klare Hinweise, dass die Covid-19-Impfung das Auftreten von Long-Covid reduzieren kann", heißt es etwa in einer im Juli erschienenen Übersichtsarbeit, für die mehrere Studien ausgewertet wurden.
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