Gibt aber zu bedenken: "Wir sind noch lange nicht am Ziel. Nur weil man die Erkrankung besser verstehen lernt, heißt das leider noch nicht, dass man sie auch unmittelbar besser und gezielter therapieren kann."
Gegenüber dem Guardian bezeichnete Jason Abbott die Erkenntnisse jedenfalls als "Durchbruch". Sie ermöglichen laut dem Gynäkologen und Studienleiter, verschiedene Endometriosearten gezielter und wirksamer zu therapieren. Ähnlich wie es heute bei Brustkrebs möglich ist. "Vor dreißig Jahren haben wir alle Brustkrebse gleich behandelt", sagte Abbott dem Blatt. "Heute wissen wir, dass es viele verschiedene Arten von Brustkrebs gibt, und behandeln sie entsprechend."
Östrogen als Trigger
Das weibliche Sexualhormon Östrogen gilt als wesentlicher Wachstumsreiz für Endometrioseherde. Hormonelle Therapien zielen darauf ab, den Östrogenspiegel abzusenken beziehungsweise Regelblutungen zu vermeiden. In der Folge schrumpfen vorhandene Herde. Die mit ihnen verbundene Beschwerden nehmen ab. Solche Behandlungen sind allerdings keinesfalls nebenwirkungsarm. "Durch intensive Forschung wird aber versucht, die Nebenwirkungen existierender Therapien zu reduzieren", beschreibt Wenzl.
Die Erforschung innovativer Behandlungsansätze stagniert unterdessen. "In den vergangenen 20 Jahren hat sich da nicht wahnsinnig viel getan, wir stecken gewissermaßen fest", sagt Wenzl. Das liege zum einen daran, dass die Erkrankung in ihren Ursachen und Ausformungen komplex ist. Zum anderen aber auch daran, dass "die Endometriose an sich eine gutartige Erkrankung ist, die nicht lebensbedrohlich ist und mit dem Eintreten des Wechsels ein Ende findet". Viele Patientinnen seien "verständlicherweise nicht bereit, aggressive und nebenwirkungsreiche Therapien zu durchlaufen". Nicht zuletzt seien auch Pharmafirmen oft wenig an entsprechenden Projekten interessiert, "weil das Geschäft damit für sie nicht lukrativ genug ist".
US-Forschende des Baylor College of Medicine ließen kürzlich mit einem neuen Behandlungsansatz aufhorchen: Sie konnten zeigen, dass sich mittels Oleuropein, ein Antioxidans der Olive, Östrogen-Rezeptoren auf Zellen ausschalten können, was den Effekt des Hormons auf die Zellen hemmen soll. "Dabei handelt es sich um erste Versuche mit Zellkulturen", sagt Wenzl. "Das ist natürlich interessant, heißt aber noch lange nicht, dass sich die entdeckten Wirkungsmechanismen beim Menschen genauso entfalten."
Endometriose schmerzfrei erkennen
Der Weg bis zu einer Diagnose ist für Betroffene oft lang. Wegen der vielfältigen und oft nicht ganz typischen Beschwerden dauert es oft mehrere Jahre, bis eine Endometriose als solche erkannt wird.
Zur Diagnose dienen gynäkologische Tastuntersuchungen und/oder Ultraschalluntersuchungen. Endgültig nachweisen ließ sich Endometriose lange nur durch eine Bauchspiegelung (Laparoskopie). Dabei wird ein dünnes optisches Instrument mit einer kleinen Kamera durch einen kleinen Schnitt im Bereich des Nabels in die Bauchhöhle eingeführt. So können Herde direkt gesehen und Proben entnommen werden.
Auch hier tritt die Medizin aber nicht auf der Stelle, weiß Wenzl: "Während man früher in erster Linie auf die Laparoskopie angewiesen war, um Endometriose final zu diagnostizieren, kann man die Herde heute den allermeisten Fällen per Ultraschall gut erkennen."
Die Suche nach einer nicht-invasiven diagnostischen Methode versiegt dennoch nicht: Bei einem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe wurden vergangenes Jahr erstmals ein Test vorgestellt, mit dem Endometriose mittels einer Speichelprobe diagnostiziert wird. Damit sollen die zum Teil langen Diagnosezeiträume verkürzt werden. Mit 800 Euro ist der Test noch sehr teuer. Wenzl sieht den Test kritisch: "Diese Methode ist nicht einmal annährend fit für den breiten Einsatz und ist nicht treffsicher genug."
Psyche mittherapieren
Eine dänische Studie unterstrich kürzlich zudem die Bedeutung psychologischer Begleitung. Bei Patientinnen, die zusätzlich zur medizinischen Behandlung auch eine psychologische erhielten, etwa Achtsamkeitsübungen oder eine Gruppentherapie, verringerten sich Gefühle von Hilflosigkeit und Kontrollverlust – die allgemeine Lebensqualität stieg. Zwar ließ sich der Schmerz an sich nicht lindern, die Studienteilnehmerinnen berichteten aber, besser damit umgehen zu können.
Ein guter Umgang mit der Erkrankung – laut Wenzl ist das für Betroffene "extrem wichtig": "Endometriose ist mit anhaltenden Schmerzen und oft auch mit einem unerfüllten Kinderwunsch verbunden. Das kann das Leben massiv beeinträchtigen. Bei chronischen Schmerzen weiß man leider nie, wann es aufhört. Das hinterlässt Spuren, weswegen die Psyche unbedingt mitgedacht und mitbetreut werden muss."
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