Nach Impfung: Russland mahnt zu zweimonatiger Alkoholabstinenz
Russland setzt große Hoffnungen in seine Impfstoffe. Inzwischen wurden zwei Präparate im Land zugelassen. In Moskau sind nun am Wochenende die ersten Freiwilligen mit dem im August approbierten Impfstoff "Sputnik V" gegen das neuartige Coronavirus geimpft worden.
Doch die Immunisierung gegen den pandemischen Erreger hat ihren Preis: Damit sind – nach derzeitigem Wissensstand – keine gefährlichen Nebenwirkungen gemeint, sondern eine verordnete Alkoholabstinenz für all jene, die die Vakzine verabreicht bekommen.
Hochprozentiges meiden
Anna Popova, Ärztin und Leiterin der russischen Aufsichtsbehörde für Konsumentenschutz und Gesundheitsschutz, ließ die Bevölkerung wissen, dass Alkohol in den beiden auf die Impfung folgenden Monaten tabu sein sollte. Das berichtet unter anderem die Moscow Times.
Damit schloss sich Popova den Empfehlungen der russischen Vize-Ministerpräsidentin Tatyana Golikova an. Auch sie hatte geraten, Alkohol und immunsupprimierende Medikamente für 42 Tage nach der Injektion zu meiden. "Sputnik V" wird in zwei Dosen und im Abstand von 21 Tagen verabreicht.
"Der Alkoholkonsum muss mindestens zwei Wochen vor der Immunisierung eingestellt werden", sagte Popova im Interview mit dem Radiosender Komsomolskaya Pravda. Die Impflinge sollten dann "42 Tage nach der ersten Injektion" auf Alkohol verzichten. In diesem Zeitraum werde die "Immunität gebildet" und "man muss aufpassen".
"Es ist eine Belastung für den Körper. Wenn wir gesund bleiben und eine starke Immunantwort haben wollen, trinken Sie keinen Alkohol", appellierte sie an die russische Bevölkerung, die zu den weltweit trinkfreudigsten zählt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte im Jahr 2011 einen globalen Zustandsbericht über Alkohol und Gesundheit. Damals landete Russland nach Weißrussland, Moldau und Litauen mit über 15 Litern reinem Alkohol pro Person (über 15 Jahre) pro Jahr auf Platz 4 des Rankings. Popova riet auch vom Rauchen vor und nach der Impfung ab, da Tabakrauch die Lunge reizt und die Immunantwort beeinträchtigen könnte.
Glas Champagner erlaubt
Als Reaktion auf Popovas Kommentare beschwichtigte Alexander Gintsburg, Leiter des staatlichen Gamaleya-Forschungszentrums, das "Sputnik V" entwickelt hat, laut Moscow Times. Zwar solle man vor und nach der Impfung Alkohol nicht im Übermaß genießen: "Ein einziges Glas Champagner" habe aber "noch nie jemandem geschadet".
Bei "Sputnik V" handelt es sich um einen Vektorimpfstoff. Man greift auf ein für den Menschen harmloses Virus zurück. Im Fall von "Sputnik V" Adenoviren, die gentechnisch so manipuliert werden, dass sich auf ihrer Oberfläche Proteine ausbilden, die dem Immunsystem vorgaukeln, es handle sich bei dem Erreger um SARS-CoV-2. Nach Verabreichung setzt der Organismus seine Abwehrkräfte in Gang.
Nach der der Blitzzulassung des Impfstoffes im August zeigten sich Experten weltweit skeptisch, weil damals noch keine klinischen Teststudien zur Wirksamkeit öffentlich zugänglich waren. Die Entwickler von "Sputnik V" geben inzwischen an, dass der Impfstoff zu 95 Prozent gegen SARS-CoV-2 wirksam ist.
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