Nach einer Covid-Infektion haben Kinder höheres Diabetes-Risiko
Bereits seit Beginn der Pandemie wird in den USA über eine Zunahme von Diabetes bei Kindern diskutiert: Anfangs hatten Expertinnen und Experten angenommen, dass die Zunahme von zuckerkranken Kindern auf eine verzögerte Inanspruchnahme von Diabetes-Therapien zurückzuführen ist. Doch dann veröffentlichte due US-amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC im Jänner eine aktuelle Übersicht zum Risiko für eine Diabetes-Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren.
Damals hatten die Wissenschafter Gesundheitsdaten aus zwei US-amerikanischen Datenbanken analysiert: Genesene Kinder hatten ein höheres Risiko für Diabetes als gesunde Kinder oder Kinder mit akuten Atemwegserkrankungen aus Zeiten vor der Pandemie. Allerdings wurde nicht zwischen Typ 1 und Typ 2 unterschieden.
Eine neue Studie geht jetzt der Frage nach, ob es sich tatsächlich um einen Anstieg von Typ-1-Diabetes bei Kindern in den USA handelt. Auch eine aktuelle Studie aus Norwegen wollte wissen, ob es vermehrt Fälle bei Kindern in Norwegen gibt.
Schon bisher wusste man, dass SARS-CoV-2-Infektionen mit einer Verschlechterung von Diabetes-Symptomen einhergehen sowie Personen mit Diabetes ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben. Zudem weiß man, dass eine überstandene Infektion auch einen neu diagnostizierten Diabetes auslösen kann.
Seit Langem wird vermutet, dass Typ-1-Diabetes, der in der Regel bei jüngeren Menschen diagnostiziert wird und mit dem Versagen der Bauchspeicheldrüse bei der Insulinproduktion einhergeht, das Ergebnis einer überschießenden Immunreaktion ist, die möglicherweise auf eine Virusinfektion zurückzuführen ist. Die Erkankung ist bisher nicht heilbar - die Patientinnen und Patienten müssen ihr ganzes Leben lang Insulin spritzen.
Anders Typ 2, der früher auch Altersdiabetes genannt wurde: Neben einer erblichen Veranlagung gelten hier Übergewicht und Bewegungsmangel als die wichtigsten Verursacher.
USA
Die neuen Daten aus den USA basieren auf anonymisierten elektronischen Gesundheitsdaten von mehr als 90 Millionen Patienten. Die Daten wurden in zwei Gruppen unterteilt: Patienten unter 18 Jahren mit einer SARS-CoV-2-Infektion zwischen März 2020 und Dezember 2021 und Patienten unter 18 Jahren ohne SARS-CoV-2-Infektion, aber mit einer Infektion der Atemwege im gleichen Zeitraum. Beide Gruppen wurden wiederum in Altersstufen von 0 bis 9 Jahren und 10 bis 18 Jahren unterteilt.
Das Ergebnis: Die Wahrscheinlichkeit eine neue Diagnose für Typ-1-Diabetes zu bekommen, ist für kleine Patienten nach einer Covid-19-Infektion höher als bei Kindern mit einer Atemwegsinfektion.
Zu den Einschränkungen der Studie gehören potenzielle Verzerrungen aufgrund der Beobachtung und des Designs der Analyse von elektronischen Gesundheitsdaten sowie die Möglichkeit, dass zusätzliche, nicht identifizierte Faktoren für den Zusammenhang verantwortlich sind, schränken die Studienautoren ein. (Sie können die Studie hier auf Englisch nachlesen.)
Norwegen
Auch eine aktuelle Studie aus Norwegen wertete Gesundheitsdaten von Kindern aus: Die Studie nutzte nationale Gesundheitsregister, um neu auftretende Typ-1-Diabetes-Diagnosen ab 1. März 2020 bis 1. März 2022 bei 1,2 Millionen Kindern und 18 Jahren, die an Covid-19 erkrankt waren, mit jenen Daten von Kindern zu vergleichen, die nicht erkrankten.
Die Forscher untersuchten, wie hoch das Risiko 30 Tage nach einer PCR-bestätigten SARS-CoV-2-Infektion war: Nach Anpassung an Alter, Geschlecht, geografisches Gebiet und sozioökonomische Faktoren ergaben die Analysen, dass für genesene Kinder die Wahrscheinlichkeit an Typ-1-Diabetes zu erkranken, um etwa 60 Prozent höher war als bei denjenigen, die nicht infiziert waren oder die negativ auf das Virus getestet wurden.
"Unsere landesweite Studie deutet auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Covid-19 und neu auftretendem Typ-1-Diabetes hin", sagt Hanne Løvdal Gulseth, Hauptautorin und Forschungsdirektorin am Norwegian Institute of Public Health. "Das absolute Risiko, an Typ-1-Diabetes zu erkranken, stieg von 0,08 Prozent auf 0,13 Prozent und ist damit immer noch gering. Die überwiegende Mehrheit der jungen Menschen, die an Covid-19 erkranken, wird später keinen Typ-1-Diabetes entwickeln, aber es ist wichtig, dass Ärzte und Eltern die Anzeichen und Symptome von Typ-1-Diabetes kennen. Ständiger Durst, häufiges Wasserlassen, extreme Müdigkeit und unerwarteter Gewichtsverlust sind verräterische Symptome." (Sie können die Studie hier auf Englisch nachelesen.)
Die Autoren räumen ein, dass es sich bei der Studie um eine Beobachtungsstudie handelt, die keinen Beweis für Ursache und Wirkung liefert, und dass sie nicht ausschließen können, dass andere nicht gemessene Faktoren (z. B. Grunderkrankungen) oder fehlende Daten die Ergebnisse beeinflusst haben. Sie weisen auch darauf hin, dass sie nur Kinder in die Analysen einbezogen haben, die sich einem PCR-Test unterzogen haben, nicht aber einem Antigentest.
Genereller Rat von Experten: Bei infizierten Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sollte man auf Diabetes-Symptome in ihrer Krankengeschichte achten. Zu den genannten Symptomen wie häufiges Wasserlassen und unerwarteter Gewichtsverlust können größerer Hunger, Magenschmerzen sowie Übelkeit oder Erbrechen hinzukommen.
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