Metastasierter Brustkrebs: "Man fragt sich: Wie lange habe ich noch?“

Altmann-Pospischek: „Ich bin hauptamtlich Managerin meiner Erkrankung.“
„Es wird eng“, postete Bloggerin und Brustkrebsaktivistin Claudia Altmann-Pospischek Ende September auf ihrem Facebook-Profil. „Eng in meiner Leber. Eng mit Lebensfreude. Eng mit Lebenszeit.“ Die ehrlichen Worte lösten unter ihren 27.000 Social-Media-Followern eine Welle des Mitgefühls und der Solidarität aus.
Seit fast zehn Jahren lässt sie die Niederösterreicherin an ihrem Alltag mit Brustkrebs teilhaben – zeigt Lichtblicke und Routineuntersuchungen ebenso wie dunkelste Momente. So wie jenen im September, als ein Ärzteteam acht neue Tumore in ihrer Leber und eine gewachsene Knochenmetastase entdeckte. Und die Angst plötzlich wieder übermächtig wurde.
Schockdiagnose metastasierter Brustkrebs
Dass der Krebs sie nicht mehr loslassen würde, weiß Altmann-Pospischek schon seit der Diagnose im Sommer 2013. Diese traf sie unerwartet, ohne genetische Vorbelastung und trotz regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen. „Mein winziges Mammakarzinom hatte bereits in die Leber und in die Knochen gestreut“, erzählt sie. Metastasierter Brustkrebs. Behandelbar, aber nicht heilbar. Mit einer prognostizierten Überlebensdauer von zwei Jahren.
- 300 Personen: bzw. 5 Prozent aller Neuerkrankten erhalten jedes Jahr die Diagnose metastasierter Brustkrebs. Das bedeutet, dass der Krebs bereits gestreut hat.
- 87 Prozent: Allgemein beträgt die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate für Brustkrebs in Österreich etwa 87 Prozent.
- 13. Oktober: Mitten im Brustkrebsmonat Oktober findet am 13. Oktober der Welttag der metastasierten Brustkrebserkrankung statt, um unheilbar Erkrankten besondere Sichtbarkeit zu geben.
Altmann-Pospischek war 38, jung verheiratet und in der Medienbranche tätig. Sie liebte Reisen, Fotografie und alles Britische. „Jetzt bin ich hauptamtlich Managerin meiner Erkrankung“, sagt sie. Zwischen Therapien, Eingriffen und Nebenwirkungen blieb nicht mehr viel Platz für einen Vollzeitjob.
Fünf Jahre nach der Diagnose wurden Bauchfell-Metastasen entdeckt, die im Zuge einer aufwendigen Operation entfernt wurden. Ein Rückschlag, dem sechs „stabile Jahre“ folgten. Ihren anfänglichen Schock, die Wut und Verzweiflung verwandelte die ehemalige Journalistin in Kampfgeist – nicht gegen den Feind in ihrem Körper, sondern für Aufklärung über diese chronische, noch weniger bekannte Form von Krebs.

Im April feierte sie ihren 50er, kurz danach hatte Altmann-Pospischek eine große Leber-Operation.
„Der mediale Fokus liegt entweder auf jenen, die als wieder gesund gelten, oder jenen, die leider gehen mussten. Wir gehen da oft unter. Deshalb braucht metastasierter Brustkrebs viele Gesichter und Stimmen“, erklärt die 50-Jährige. Lange, bevor Erkrankungen zu einem gängigen Social-Media-Inhalt wurden, begann sie unter dem Namen „Claudias Cancer Challenge“ zu bloggen. Viele Menschen wüssten gar nicht, dass es sich um eine unheilbare Krankheit handelt, die Dauertherapie erfordert und eine große psychische Belastung darstellt. „Denn wir sind – das muss man ehrlich ansprechen – plötzlich mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert.“
Wie sich das Leben mit fortgeschrittenem Brustkrebs anfühlt
Heute ist Altmann-Pospischek eine der bekanntesten Krebsaktivistinnen und ein Sprachrohr für alle Brustkrebs-Patientinnen. Die Lebensfreude in ihren Postings wirkt ansteckend, etwa, wenn sie von lang ersehnten Reisen („die Sorgen bleiben zu Hause“), stabilen Befunden oder ihrer großen Liebe Peter berichtet.
Dazwischen zeigt sie Narben, Tränen, Verzweiflung. Wenn sie gefragt wird, wie sich das Leben mit fortgeschrittenem Brustkrebs anfühlt, antwortet sie mit einer Metapher: „Der Krebs ist mein Beifahrer – ich werde ihn nicht mehr los. Aber ich gebe die Richtung und das Tempo vor, solange es geht.“
Das Tempo, in dem der Krebs voranschreitet, hat sich in Österreich zuletzt stark verlangsamt. Dank neuer Therapien konnte die Überlebenszeit von Menschen mit fortgeschrittener Brustkrebserkrankung bei weitgehend guter Lebensqualität gesteigert werden, betont man bei der Österreichischen Krebshilfe: „Überlebenszeiten von mehr als zehn Jahren wären vor 20 Jahren noch unvorstellbar gewesen.“

Größte Stütze: Ein zweites „Ja“ für Ehemann Peter auf Hawaii vor zwei Jahren.
Wie metastasierter Krebs zur chronischen Erkankung wird
Auch Altmann-Pospischek feiert zwei Geburtstage – am Tag ihrer Geburt und am Jahrestag ihrer Diagnose. "Natürlich fragt man sich: Wie lange habe ich noch?“, räumt sie angesichts der jüngsten Schreckensnachricht ein. Sie möchte aber aufzeigen, dass metastasierter Krebs zunehmend zu einer chronischen Erkrankung wird, die Raum lässt für ein gutes Leben. Dass Patientinnen „so viel mehr“ sind als eine Diagnose, nämlich Frauen mit Talenten, Hobbys und Plänen.
Auch deshalb erhofft sie sich mehr Zeit durch die nächste Chemotherapie. „Diese möchte ich mit meinen Lieben verbringen. Und ich möchte noch möglichst oft nach England reisen, um dort die Seele durchzulüften.“
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