Melanom und Brustkrebs: Was ein neuer Kombi-Immuntherapie-Ansatz kann

Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien unter Leitung von Maria Sibilia hat in einer Studie eine neue Kombinationstherapie gegen Krebs untersucht.
In den vergangenen Jahren konnten Immuntherapien bei der Behandlung verschiedenster Krebserkrankungen bedeutende Erfolge verzeichnen. Bei manchen Betroffenen zeigen diese Wirkstoffe jedoch nach wie vor keine ausreichende Wirksamkeit.
Im Rahmen einer präklinischen Studie präklinische Forschung ist jene Phase, in der Substanzen oder Wirkstoffe in Tiermodellen oder Zellkulturen erforscht werden, bevor sie am Menschen getestet werden, Anm.) untersuchte Maria Sibilia, Leiterin des Zentrums für Krebsforschung der MedUni Wien, nun die Auswirkungen einer speziellen Kombinationsimmuntherapie.
Systemischer und lokaler Ansatz
Das Verfahren setzt sich aus der systemischen Gabe des immunstimulierenden Gewebehormons Interferon (IFN)-I und einer lokalen Imiquimod-Therapie zusammen. Imiquimod ist ein Wirkstoff, der zur Behandlung des Basalioms (bösartige und häufigste Form des weißen Hautkrebs, Anm.) eingesetzt wird.
Die Kombinationstherapie wurde an verschiedenen Maus-Tumormodellen zu Melanomen und Brustkrebs erfolgreich angewandt. Beiden Tumoren ist gemein, dass sie für eine lokale Therapie zugänglich sind und häufig Fernmetastasen an entfernten Orten im Körper bilden.
Wirksam bei lokalen Tumoren und Fernmetastasen
Immuntherapien nutzen das körpereigene Immunsystem dazu, Krebszellen zu bekämpfen. Eine wichtige Rolle spielen dabei plasmazytoide dendritische Zellen, die durch spezielle Rezeptoren aktiviert werden. Bei plasmazytoiden dendritischen Zellen handelt es sich um Zellen des unspezifischen Immunsystems, die im Blut zirkulieren und in peripheren lymphatischen Organen vorkommen.
In der Studie zeigte sich, dass oral eingenommenes Imiquimod diese Zellen dazu anregt, das Gewebehormon IFN-I zu produzieren. Dies verstärkte die Wirkung von Imiquimod und machte andere dendritische Zellen und Makrophagen (sind für die Immunantwort des Organismus zuständig) in der Tumorumgebung empfindlicher für die Therapie. Dadurch konnte die Neubildung von Blutgefäßen im Tumor gehemmt und gleichzeitig das Absterben von Tumorzellen angeregt werden.
Die Kombinationsimmuntherapie wirkte nicht nur auf die behandelten Tumoren, sondern auch auf Fernmetastasen, die sich in anderen, entfernt liegenden Organen angesiedelt hatten. Sie reduzierte auch die Bildung neuer Metastasen und Rückfälle.
"Diese Erkenntnisse verdeutlichen, dass die Kombination einer systemischen Behandlung mit Imiquimod bzw. IFN-I und einer lokalen Therapie mit Imiquimod das Potenzial hat, bei lokal zugänglichen Tumoren wie Melanomen oder Brustkrebs die Behandlungsoptionen zu erweitern und Therapieergebnisse zu verbessern", betont Studienleiterin Sibilia.
Behandlung von oberflächlich zugänglichen Tumoren
"Die oberflächliche Behandlung des Primärtumors mit Imiquimod ist essenziell, damit diese Kombinationstherapie mit systemischem IFN-I überhaupt wirkt und auch die entfernten Metastasen zum Schrumpfen bringt", fügt Philipp Novoszel, einer der Erstautoren der Studie, die im Fachblatt Nature Cancer veröffentlicht wurde, hinzu.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Therapie-Strategie das Potenzial hat, die Behandlungsergebnisse bei oberflächlichen und damit lokal zugänglichen Tumoren wie Melanome und Brustkrebs zu verbessern.
"Unser Ziel ist es, Immuntherapie-Strategien weiter zu erforschen und weiterzuentwickeln, um die Perspektive für Patientinnen und Patienten, die derzeit noch kein gutes Ansprechen auf diese Wirkstoffe zeigen, langfristig zu verbessern", so Sibilia, die auch stellvertretende Leiterin des Comprehensive Cancer Centers von MedUni Wien und AKH Wien ist. "Da systemisches Interferon eine bekannte Krebstherapie ist und dendritische Zellen auf ähnliche Weise wie in unseren präklinischen Modellen aktiviert werden, glauben wir, dass die neue Kombinationstherapie bei Patienten eine Wirkung zeigen kann", ergänzt Martina Sanlorenzo, Dermato-Onkologin an der MedUni Wien und Ko-Erstautorin der Studie.
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