Medikamente: Längerfristige Lieferengpässe werden häufiger

40 Prozent des Marktvolumens mit dem Blutdrucksenker Valsartan wurden zurückgerufen.
Behörde für Meldepflicht der Firmen bei drohenden Versorgungsproblemen. Rückruf von Blutdrucksenkern betrifft 71.000 Österreicher.

40 Prozent aller Bluthochdruckpräparate mit dem Wirkstoff Valsartan aus chinesischer Produktion sind wegen möglicher Verunreinigungen weltweit von einem Rückruf betroffen. Jetzt ist auch bekannt, wie viele Patienten diese Präparate in Österreich eingenommen haben: „Es sind 71.000“, so Christoph Baumgärtel vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) und der AGES Medizinmarktaufsicht.

Diese müssen auf andere Valsartan-Produkte (vor allem die jeweils nicht betroffenen Originalpräparate von Novartis sowie die Generika von Krka Pharma) oder verwandte Wirkstoffe umgestellt werden. Wer noch Valsartan-Medikamente jener Firmen zu Hause hat, die von dem Rückruf betroffen sind, kann die Packungen in österreichischen Apotheken gegen ein nicht betroffenes, gleichwertiges Präparat austauschen. Rezeptgebühr fällt dafür keine an. (Die Produktliste auf https://www.basg.gv.at)

Globales Problem

„Längerfristige Versorgungsengpässe – nicht nur kurzfristige Lieferschwierigkeiten – sind in den vergangenen zwei, drei Jahren häufiger geworden“, so Baumgärtel zum KURIER. „Vor fünf Jahren war das nicht so ein Thema.“ Diese Versorgungsprobleme seien ein weltweites Problem. „Die Produktion vieler Wirkstoffe konzentriert sich auf immer weniger Hersteller, die immer mehr davon erzeugen. Fällt dann eine Anlage wegen einer Verunreinigung oder eines technischen Problems für mehrere Wochen oder Monate aus, kommt es zu den Engpässen.“ Bis vor Kurzem gab es etwa auch Lieferprobleme beim Epi-Pen für Insektengiftallergiker. Im Internet (https://medicineshortage.basg.gv.at) listet das Bundesamt alle Medikamente auf, die nicht oder teilweise nicht lieferbar sind.

Besonders betroffen seien alte Krebswirkstoffe, bei denen der Patentschutz abgelaufen ist und die intravenös verabreicht werden müssen: „Die Herstellung von Produkten ohne Patentschutz ist wenig lukrativ. Gleichzeitig ist die sterile Herstellung von Arzneimitteln, die intravenös verabreicht werden, sehr teuer, hochkomplex und sehr empfindlich.“

Auf den Goodwill angewiesen

Die Medizinmarktaufsicht tritt deshalb für eine generelle gesetzliche Meldepflicht von bevorstehenden Versorgungsengpässen ein. „Das beseitigt nicht die Ursache der Probleme, hilft uns aber, rechtzeitig reagieren zu können.“ Manche Firmen würden freiwillig drohende Engpässe der Behörde mitteilen, „aber da sind wir immer auf deren Goodwill angewiesen“, so Baumgärtel.

Zweiter wichtiger Punkt für die Behörde: „ Lieferengpässe eines Wirkstoffes treten ja häufig weltweit auf. Hier gab es bereits den Fall, dass in Österreich vorhandene Lagerbestände ins Ausland abgezogen wurden.“

Es gebe zwar die gesetzliche Bestimmung, dass ein Hersteller „die Versorgung im Inland sicherzustellen hat“, so Baumgärtel, aber diese sollte dahingehend verschärft werden, dass ursprünglich für Österreich vorgesehene Ressourcen auch in Österreich bleiben müssen.

Der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) betonte in einer Aussendung, dass es „im ureigensten Interesse der Unternehmen“ liege, dass sie ihre Ware auch liefern können. Die Arzneimittelhersteller seien bestrebt, Lieferengpässe möglichst rasch zu beenden

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