Maximale Lebensdauer: Wie alt können Menschen tatsächlich werden?
Größer als 99 Prozent ist laut Forschern der University of Washington die Wahrscheinlichkeit, dass bis 2100 der Altersrekord der Französin Jeanne Calment – sie starb 1997 mit 122 Jahren – gebrochen wird. Ob in diesem Jahrhundert jemand 130 Jahre alt wird, da sind sich die Autoren einer 2021 erschienenen Studie mit einer angenommenen Wahrscheinlichkeit von nur 13 Prozent aber gar nicht mehr so sicher.
Eine andere Studie beziffert die Grenze für die maximale Lebenserwartung mit 120 bis maximal 150 Jahren: Spätestens dann sei die Widerstandsfähigkeit des Körpers erschöpft, das Limit erreicht. „Der Mensch ist im Vergleich mit den Tieren bereits jetzt unter den Top Ten der langlebigsten Arten, davor sind nur Fische, Muscheln, Tiefseeschwämme und eine kleine Quallen“, sagt der Molekularbiologe und Spezialist für Alterungsvorgänge, Günter Lepperdinger.
Bisher sei die Lebensverlängerung durch Domestikation gelungen, wie man sie auch bei Haustieren sehe, also durch „Verhäuslichung“: „In den wohlhabenden Ländern haben wir unser häusliches Umfeld so weit optimiert, dass es gute Möglichkeiten gibt, sich wohlzufühlen und alt zu werden – außer es gibt Krieg oder schwere Krisen.“ Haben mehr Menschen bessere Lebensbedingungen, werde die durchschnittliche Lebenserwartung weiter steigen.
Was die maximale Lebensspanne betrifft, sehe er keine Anzeichen für eine baldige Verlängerung, sondern eher eine Stagnation: „Calment starb vor 25 Jahren – seit damals warten wir auf den ersten 125-jährigen Menschen. Ich sehe keinen bahnbrechenden Durchbruch, der hier bald eine Ausweitung der maximalen Lebensspanne ermöglicht.“ Als ältester lebender Mensch derzeit gilt die französische Ordensschwester Lucile Randon mit 118 Jahren und etwas mehr als vier Monaten.
„Unsere Verjüngung erfolgt derzeit auf Populationsebene über die Reproduktion“, erklärt Lepperdinger: „Würde man sie auf individueller Ebene erreichen wollen, müsste man den Menschen zu einer Art Festung umbauen: Die steht für sich, reproduziert sich nicht, aber kann Hunderte Jahre halten, wenn jeder Schaden immer sofort nach dem Auftreten erneuert wird.“ Umgelegt auf den Menschen hieße das: „Wann muss man mit Reparaturmaßnahmen beginnen, damit die Lebenserwartung deutlich steigt? Wann ist es zu spät, sind lebensverkürzende Krankheiten nicht mehr verhinderbar? Der (nahezu) ewig Lebende würde sich dann selbst genügen: „In letzter Konsequenz müsste man noch die Sexualität abschaffen – Reproduktion ist ja nicht mehr notwendig. Ob das alles erstrebenswert ist, ist eine andere Frage.“
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