Neue Hoffnung für Long Covid, während Covid-Fälle wieder zunehmen

Symbolbild eines Coronavirus.
Aktuelle Studien zeigen, wer besonders für langanhaltende Covid-Symptome gefährdet ist und geben Hoffnung auf einen Heilungsansatz. Gleichzeitig steigt die Viruslast im Abwasser.

Wir könnten am Beginn einer Covid-Sommerwelle stehen – aktuell steigt die Viruslast im Abwasser wieder an, wenn auch auf niedrigem Niveau. Es sei schwierig vorherzusagen, ob es zu einem starken Anstieg der Infektionen kommen werde, es spreche aber einiges dafür, dass neue Untervarianten eine künftige Welle antreiben könnten, sagte der Virologe und Immunologe Andreas Bergthaler kürzlich gegenüber dem KURIER. Noch werden die meisten Atemwegsinfektionen von anderen Viren, etwa Adenoviren oder Schnupfenviren ausgelöst, wie Untersuchungen des Instituts für Virologie zeigen. 

Schwere Covid-Fälle gibt es derzeit kaum: Laut SARI-Dashboard, das die stationären Aufnahmen in österreichischen Spitälern aufgrund schwerer Atemwegsinfektionen anzeigt, mussten in Kalenderwoche 23 (3.6.-9.6.2024) 25 Personen mit Covid-19 auf einer Normalstation und eine Person auf der Intensivstation behandelt werden. In der Woche davor waren 36 Menschen mit Covid-Infektion auf einer Normalstation. Diese Daten können unvollständig sein, da noch Nachmeldungen erfolgen, besorgniserregend sind sie derzeit nicht. 

Aber auch milde Infektionen können langfristige Folgen haben – grundsätzlich kann jede Covid-Infektion, egal ob milder oder schwerer Verlauf, zu Long Covid führen. Etwa fünf bis sieben Prozent aller Erkrankten entwickeln Beschwerden, die länger als drei Monate andauern. Schätzungen zufolge sind rund 60.000 Menschen in Österreich an Long Covid erkrankt. Die Symptome sind vielfältig und können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Dazu zählen etwa chronische Erschöpfung (Fatigue), Gehirnnebel, Kurzatmigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen, Herzrasen oder kognitive Störungen.

Aktuelle Studie zeigt Risikofaktoren für Long Covid

Eine neue Studie von Forschenden des Columbia University Irving Medical Center zeigt, dass es Faktoren gibt, die das Auftreten von Long Covid wahrscheinlicher machen. Demnach entwickelten Frauen und jene, die bereits vor der Pandemie unter einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litten, eher langanhaltende Covid-Symptome. Auch chronische Nierenerkrankungen, Diabetes, Asthma, chronische Lungenerkrankungen, depressive Symptome und Rauchen waren mit Long Covid verbunden. Obwohl andere Studien darauf hindeuten, dass viele Patienten mit Long Covid unter psychischen Problemen leiden, wurde dies in der aktuellen Studie nicht festgestellt. Depressive Symptome vor der SARS-CoV-2-Infektion waren kein Hauptrisikofaktor für Long Covid.

Schneller erholten sich hingegen Menschen mit einer milderen Infektion – darunter diejenigen, die gegen SARS-Cov-2 geimpft waren und diejenigen, die sich mit einer Omikron-Variante infizierten. Dies galt auch für nachfolgende Infektionen.

An der Studie nahmen rund 4.700 Menschen teil. Ihre mittlere Erholungszeit nach einer Covid-Infektion zwischen 2020 und Anfang 2023 betrug 20 Tage. Mehr als jeder fünfte Erwachsene erholte sich nicht innerhalb von drei Monaten von der Covid-Infektion. 

Hinweis auf mögliche Ursache von Long Covid gibt Hoffnung

Eine kausale Therapie für Long Covid gibt es nicht. Derzeit können lediglich die Symptome behandelt werden. Denn auch die Ursachen von Long Covid sind nicht eindeutig geklärt. Eine These ist, dass Covid-Viren bei Long Covid länger im Körper bleiben und die Symptome verursachen. Eine andere, dass winzige Blutgerinnsel die Blutgefäße verstopfen und dadurch den Sauerstoffaustausch im Körper einschränken. Die dritte These, dass Autoantikörper für Long Covid verantwortlich sind, konnte nun in einer aktuellen Untersuchung der Stellenbosch University in Südafrika untermauert werden. 

Bereits vorhergehende Studien hatten darauf hingedeutet, dass Autoantikörper – also Antikörper, die von einer Person selbst gebildet werden und die das eigene Immunsystem oder Gewebe angreifen – eine Rolle bei Long Covid spielen könnten. Offen war bisher, ob Antikörper tatsächlich ursächlich an den Symptomen beteiligt sind. Die südafrikanische Studie könnte diese Frage beantworten. Die Forschenden sammelten IgG-Antikörper von 34 Personen mit Long Covid, die in den ersten beiden Jahren der Pandemie Long Covid entwickelt hatten. Sie litten überwiegend unter Müdigkeit und chronischen Schmerzen und konnten aufgrund ihrer Beschwerden nicht arbeiten. 

Die Forschenden teilten die Teilnehmer anhand der Konzentrationen verschiedener Entzündungsproteine in ihrem Blut in Gruppen ein und bündelten die Antikörper der Mitglieder jeder Gruppe. Anschließend injizierten sie Mäusen jeweils einen der Pools. 

Wurden die Antikörper Mäusen injiziert, bewegten sie sich weniger

Die verschiedenen Antikörpergruppen hatten unterschiedliche Auswirkungen auf die Schmerzwahrnehmung und die motorische Aktivität der Mäuse, sagte Co-Autor Niels Eijkelkamp, ​​Immunologe am Universitätsklinikum Utrecht in den Niederlanden, gegenüber Nature News. Die Forschenden fanden heraus, dass Mäuse, denen Antikörper von zwei Gruppen von Menschen mit Long Covid injiziert worden waren, schmerzempfindlicher waren als Mäuse, denen Antikörper von Menschen injiziert worden waren, die sich vollständig von einer milden Covid-Infektion erholt hatten. Bei den motorischen Funktionen gab es keine Veränderungen.

Wurden aber Mäusen Antikörper von einer dritten Gruppe von Menschen mit Long Covid injiziert, legten sie im Durchschnitt in einer halben Stunde 40 Prozent weniger Distanz zurück als Tiere in der Kontrollgruppe. Die Mäuse hatten keine Veränderung in der Schmerzempfindlichkeit. Dies deutet laut Eijkelkamp darauf hin, dass Antikörper von Menschen mit Long Covid bei Mäusen verschiedene Symptome auslösen können. Der Immunologe geht davon aus, dass die Antikörper solche Effekte hervorrufen könnten, indem sie gesundes Gewebe angreifen. 

Die Studie bestätigt also die Annahme, dass das eigene Immunsystem für Long Covid Symptome verantwortlich ist. Dies könnte ein Ansatz zur Entwicklung einer Therapie sein. Allerdings handelt es sich um eine sehr kleine Studie, die noch unabhängig reproduziert werden müsse.

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