Leihmütter erleben häufiger Komplikationen bei der Geburt

Eine Frau berührt den Bauch einer anderen schwangeren Frau.
Das Thema Leihmutterschaft ist ethisch umstritten. Nun deckt eine neue Studie potenziell damit verbundene medizinische Risiken auf.

Wenn eine andere Frau für ein hetero- oder homosexuelles Paar ein Kind austrägt, spricht man von einer sogenannten Leihmutterschaft. Einer breiten Öffentlichkeit wurde die fortpflanzungsmedizinische Methode durch eine Reihe prominenter Frauen und Männer bekannt, die in der Vergangenheit mithilfe einer Leihmutter Kinder bekommen haben. 

Darunter Elton John, Kim Kardashian, Sarah Jessica Parker, Chrissy Teigen, Cristiano Ronaldo, Cameron Diaz oder Nicole Kidman. Erst vor wenigen Tagen wurde Schauspielerin Olivia Munn via Leihmutter zum zweiten Mal Mama – ihr war nach einer Brustkrebsdiagnose die Gebärmutter entfernt worden.

Neue Daten zu gesundheitlichen Folgen einer Leihmutterschaft

Die Nachfrage scheint jedenfalls zu steigen, auch wenn belastbare weltweite Statistiken fehlen. In England und Wales – dort ist Leihmutterschaft erlaubt, allerdings nicht gegen Bezahlung – boomt Leihmutterschaft seit einigen Jahren beispielsweise regelrecht. Zahlen, die 2021 von der University of Kent veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Zahl Übertragung der rechtlichen Elternschaft von Leihmüttern von 117 Fällen im Jahr 2011 auf 413 im Jahr 2020 gestiegen ist.

Eine neue Studie zeigt nun die gesundheitlichen Folgen, die eine Leihmutterschaft für eine Frau haben kann. Die Untersuchung, die sich auf Daten aus Kanada stützt, legt nahe, dass bei Leihmüttern häufiger Komplikationen wie schwere postpartale Blutungen und Präeklampsien (potenziell gefährlicher Bluthochdruck mit vermehrter Eiweißausscheidung im Urin nach der 20. Schwangerschaftswoche, Anm.) auftreten als bei Frauen, die auf natürlichem Wege oder per In-vitro-Fertilisation (IVF) schwanger und infolge Mütter geworden waren. 

Leihmütter hatten demnach auch ein höheres Risiko für Frühgeburten. Die Wahrscheinlichkeit, dass Neugeborene wegen schwerer Komplikationen neonatologisch betreut werden mussten, war allerdings nicht erhöht.

Für die Gruppe um Studienleiterin Maria Velez von der kanadischen McGill University sind die Ergebnisse Beleg dafür, dass Leihmütter in der Schwangerschaft besser betreut werden müssen. Auch strengere gesetzliche Vorschriften für Frauen, die eine solche Rolle übernehmen möchten, seien nötig.

Einflussfaktoren nicht vollständig geklärt

Velez und ihr Team nutzten die Datenbank "Better Outcomes Registry & Network", um das Auftreten von Komplikationen bei 863.017 Einzelgeburten in Ontario zwischen 2012 und 2021 zu untersuchen. Unter den geborenen Kindern waren 806 Leihmutter-Babys (meist wurde den Frauen ein durch die Wunscheltern gezeugter Embryo übertragen). 846.124 Babys wurden natürlich gezeugt, 16.087 durch IVF. 

Die Rate schwerer Gesundheitskomplikationen lag bei Leihmüttern bei 7,8 Prozent, bei natürlich schwanger gewordenen Frauen bei 2,3 Prozent und bei künstlich befruchteten Frauen bei 4,3 Prozent.

Die Forschenden konnten auch nachweisen, dass Leihmütter eher bestimmte Merkmale aufwiesen, darunter ein Wohnsitz in einer Gegend mit niedrigem Einkommen, Übergewicht oder Bluthochdruck. Vollständig erklären können diese Faktoren die Ergebnisse aber nicht, heißt es. Denn selbst wenn man die genannten Merkmale, aber etwa auch Alter, Anzahl früherer Geburten oder Rauchen, in der Auswertung berücksichtigte, blieben die Effekte – wenn auch in geringerem Ausmaß – bestehen. 

Velez hält es für plausibel, dass "es andere Mechanismen gibt, vielleicht auch einen immunologischen Mechanismus, der an diesem höheren Risiko beteiligt sein könnte".

Große Hoffnungen für Paare, Vorwurf des Menschenhandels

Jackie Leach Scully, Bioethikerin an der australischen University of New South Wales, die nicht an der Studie beteiligt war, weist im Interview mit dem Guardian darauf hin, dass die Studie nur eine kleine Gruppe von Leihmüttern umfasste und dass diese Frauen möglicherweise zuvor gesunde Babys ohne gesundheitliche Probleme zur Welt gebracht hatten. "Dennoch zeigt die Studie, dass wir relativ wenig über die besonderen Risiken einer Leihmutterschaft (…) wissen." Berechtigt sei auch die Frage, ob die Gesundheit der Frau im Gegensatz zur Gesundheit des Fötus im Prozess der Leihmutterschaft ernst genug genommen werde.

Leihmütter sollten laut Scully im Idealfall gesund sein und ein geringes Risiko für Komplikationen aufweisen. In der Praxis sei dies nicht immer der Fall. Das werfe ethische Fragen auf, "vor allem im Hinblick auf die mögliche Ausbeutung von Frauen".

Tatsächlich wird der Weg zum Wunschkind per Leihmutter vielfach kontrovers diskutiert. Von einer großartigen Möglichkeit, Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch zu helfen, sprechen die einen. Von Ausbeutung von Frauen in prekären Lebenslagen und gar Menschenhandel, die anderen.

Zwischen 13.000 und 200.000 Euro kostet es in etwa, ein Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen. In vielen Ländern ist Leihmutterschaft und das Geschäft damit verboten. Auch in Österreich. Frauen oder Paare können allerdings in andere Länder, Griechenland, die Ukraine, Mexiko oder einige US-Bundesstaaten beispielsweise, reisen und dort eine Leihmutter in Anspruch nehmen.

Kommentare