Paare, die verzweifelt auf ein Kind hofften, verspürten großen Druck, sagte dazu Biotexcom-Chef Albert Totschilowskij unlängst der New York Times. Ihnen zu erklären, im Land herrsche Krieg, ändere nichts an ihrer Entschlossenheit.
Und so tragen ukraineweit auch jetzt viele Dutzend Frauen zwischen 18 und 35 Jahren Kinder für andere Menschen aus, zumal das Geschäft besonders für die Agenturen sehr lukrativ ist.
Bis zu 3.000 Babys werden jährlich in der Ukraine von Leihmüttern ausgetragen. Je nach gewähltem All-inclusive-Paket bezahlen Eltern in spe bis zu 60.000 Euro – dafür kann sogar das Geschlecht des Kindes bestimmt werden.
Die Leihmütter erhalten 8.000 bis 16.000 Euro, zumeist in mehreren Tranchen. Den größten Teil gibt es erst nach der Geburt. Zwar stellen derartige Summen ein Mehrfaches eines durchschnittlichen Jahreseinkommens in der Ukraine dar. Für Kritiker handelt es sich bei Leihmutterschaft dennoch um Ausbeutung.
Sicheres Zuhause auf Zeit
Bei den Agenturen dockten größtenteils Frauen aus prekären wirtschaftlichen Verhältnissen an, sagen sie, oft sind es Alleinerziehende. Die Frauen nehmen ein hohes gesundheitliches Risiko in Kauf – Frühgeburten oder Bluthochdruck sind bei Leihmüttern wahrscheinlicher, da der Embryo nur fremde DNA aufweist.
Ihre Entscheidung begründen die meisten Frauen mit dem vielen Geld, das ihnen helfe, ihre eigenen Kinder durchzubringen oder ihnen eine bessere Ausbildung zu ermöglichen.
Durch den Krieg hat sich die Armut in der Ukraine verschärft, was den Leihmutter-Agenturen in die Hände spielt. Als Anreiz bieten sie daher mittlerweile auch die Aussicht auf ein sicheres Zuhause für die Schwangeren und ihre Familien.
Biotexcom und sein PR-affiner Chef betonen etwa gegenüber Medien, alle ihre Leihmütter samt deren Kindern „aus Gebieten unter Besatzung oder Beschuss“ geholt und in anderen ukrainischen Regionen untergebracht zu haben.
Rechtliche Probleme
Eine Flucht ins Ausland ist für Leihmütter aus rechtlichen Gründen nur schwer möglich: In den allermeisten Staaten der Welt ist Leihmutterschaft verboten, die austragende Frau gilt automatisch als Mutter.
Um den biologischen Eltern und auch sich selbst jahrelange Rechtsstreitigkeiten zu ersparen, müssen die Frauen spätestens zur Geburt wieder in der Ukraine sein.
Rund 90 Prozent der Paare, die dort ein Baby in Auftrag geben, stammen aus dem Ausland, viele davon aus China, den USA und Europa.
Rund ein Fünftel aller Kunden kommt aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Dort ist Leihmutterschaft zwar ebenfalls verboten, allerdings kann ein im Ausland als leiblich eingetragenes Kind anerkannt werden.
"Babygarantie"
Bis ein Paar tatsächlich zu Eltern wird, kann es dauern: Oft setzen sich Embryonen nicht in der Leihmutter fest oder es kommt zu einer Fehlgeburt. Unternehmen wie Biotexcom werben daher mit einer „Babygarantie“.
Es würden so lange Embryonen transferiert, bis die Kunden ein Kind hätten, versprechen sie in vielen Sprachen auf ihren Websites, bei Partnerinstituten in ganz Europa oder auf Kinderwunschmessen.
Für die Leihmütter gibt es dagegen keinerlei Garantien: Verlieren sie das Kind, gibt es nur einen kleinen Teil des Honorars. Und wenn sie sich nach einer Geburt erholt haben, müssen sie - und ihre Kinder - aus der sicheren Wohnung zurück in den Krieg.
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