Kriebelmücke: Potenziell ansteckender Blutsauger erobert unsere Breiten

Eine Kriebelmücke.
Vor allem Arten, die für Menschen relevante Erreger übertragen, könnten durch den voranschreitenden Klimawandel vermehrt auftreten.

Sie sind zwei bis sechs Millimeter groß, äußerlich ähneln sie harmlosen Fruchtfliegen – doch ihre Stiche sind sehr unangenehm: Kriebelmücken. Die flugfähigen und überwiegend schwarzen Insekten gehören zu den sogenannten Poolsaugern: Die weiblichen Tiere raspeln mit ihren scharfen Zähnchen die Haut des Wirts auf, den sich dort bildenden Blutstropfen nehmen sie anschließend zu sich.

Substanzen der Mücke können Allergien und Infektionen verursachen

"Durch die von den Mücken in die Wunde eingetragenen gerinnungshemmenden und betäubenden Substanzen können die Stiche schwerwiegende allergische Reaktionen auslösen, oder es kann zu bakteriellen Sekundärinfektionen kommen", weiß Sven Klimpel.

Der deutsche Parasitologe und Infektionsbiologe lehrt und forscht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Durch ihren Stich seien Kriebelmücken auch in der Lage, Erreger zu übertragen, die infolge beim Menschen Infektionskrankheiten auslösen können. 

Zusammen mit Forschenden des Frankfurter Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums hat Klimpel sich nun die Verbreitung der Blutsauger in verschiedenen deutschen Regionen angesehen. 

Eine Kriebelmücke.

Kriebelmücken leben semiaquatisch: Im Ei-, Larven und – wie hier zu sehen – im Puppenstadium sind sie auf Fließgewässer angewiesen.

Etwa 98 Prozent der insgesamt 2000 auf allen Kontinenten – mit Ausnahme der Antarktis – vorkommenden Kriebelmückenarten ernähren sich von Blut. Dies ist für die Entwicklung ihrer Eier unerlässlich. Der bekannteste durch Kriebelmücken übertragene Erreger ist der auf dem afrikanischen Kontinent heimische Nematode Onchocerca volvulus, welcher die sogenannte Onchozerkose, auch Flussblindheit genannt, auslösen kann. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erlitten durch die Krankheit weltweit bereits über 1,15 Millionen Menschen einen Sehverlust.

In Deutschland wurden bisher 57 Kriebelmückenarten beschrieben. Anhand von über 1.500 Datensätzen aus Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen hat das Team die zwölf häufigsten dort heimischen Arten in drei Gruppen unterteilt: "Arten, die an Gewässeroberläufen leben, über verschiedene Landschaften weitverbreitete Arten und Tieflandarten", präzisiert Sarah Cunze von der Goethe-Universität Frankfurt.

Für die drei Gruppen sagen die Forschenden in ihrer aktuellen Studie unterschiedliche Populationsentwicklungstrends unter dem voranschreitenden globalen Klima- und Landnutzungswandel voraus: Die Gruppe der Arten mit einem Verbreitungsschwerpunkt in den Gewässeroberläufen wird aufgrund steigender Temperaturen und zunehmender chemischer Belastung der Gewässer als potenziell gefährdet eingeschätzt

Arten der dritten Gruppe hingegen, zu denen insbesondere auch veterinär- und humanmedizinisch relevante Kriebelmückenarten zählen, zeichnen sich durch breitere Nischen und somit eine höhere Toleranz gegenüber menschgemachten Veränderungen aus. Diese Arten könnten durch derartige Veränderungen gefördert werden und ausgehend von ihrem bisherigen Verbreitungsschwerpunkt in größeren Flüssen des Tieflandes in Zukunft häufiger auftreten.

Aggressives Stechverhalten bringt Vieh in Gefahr

Medizinisch relevante Arten zeichnen sich durch ein besonders aggressives Stechverhalten gegenüber Säugetieren und Menschen aus und treten häufig in sehr hoher Zahl auf. Länder wie beispielsweise Polen haben bereits reagiert: Vieh wird in Gebieten mit bekanntermaßen hohem Vorkommen während der Schlupf-Zeiträume nur im Stall gehalten oder nur nachts auf die Weide gelassen. "Zukünftige höhere Temperaturen könnten zu verkürzten Entwicklungszeiten, zu mehr Generationen pro Jahr und damit insgesamt zu einem häufigeren Auftreten von Kriebelmücken führen", fügt Cunze hinzu. Kriebelmücken-Bisse können nämlich für Pferde, Rinder und Schafe fatal sein. Bei einem Massenbefall kann ein Eiweißschock ausgelöst werden und in Kombination mit der Panik, die bei den Tieren auftritt, zu ihrem Tod führen.

In Österreich wird seit 2007 eine Verbreitung der Blutsauger in den Ebenen Ostösterreichs dokumentiert. Die Ursache dafür ist offenbar, dass die Flüsse immer sauberer werden. Ursache dafür ist, dass die Flüsse immer sauberer werden. Die im Wasser lebenden Larven der Insekten bevorzugen nämlich halbwegs klare Fließgewässer.

In weiteren Arbeiten möchte das deutsche Forschungsteam nun seine Ergebnisse mit weiteren Tests untermauern sowie durch Labortests klären, inwieweit Arten in der Lage sind, bestimmte Infektionskrankheiten auslösende Erreger unter den derzeit in Europa herrschenden Bedingungen zu übertragen.

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