Wie ist das Verhältnis Normal- und Intensivstation?
Im Klinikum Wels Grieskirchen haben wir aktuell 20 bestätigte Covid-19-Patienten, von denen sind 8 intensivpflichtig. Insgesamt haben wir in unserem Haus 29 Intensiv- Betten zur Verfügung. Jetzt sind mehr als ein Viertel schon mit Covid Patienten belegt, in ganz Oberösterreich ist es zirka ein Fünftel. Und ich nehme an, dass es in ganz Österreich mit kleinen regionalen Unterschieden einigermaßen ähnlich aussehen wird.
Ist die Situation schon dramatisch?
Dramatisch wäre etwas übertrieben. Aber die Lage ist ernst. Durchaus ernst. 10 Prozent Auslastung der Intensivstation bedeutet, dass wir ohne Einschränkungen unser Tagesgeschäft durchführen können. Jetzt sind wir bei 10 bis 30 Prozent. Steuern wir dann schon auf etwa die Hälfte aller Intensiv-Betten mit Covid-19-Patienten zu, müssen wir selektieren, welche Patienten wir wirklich operieren, um Ressourcen zu schonen. Wir beginnen auch, Personal aus anderen Bereichen für die Intensivstationen zu rekrutieren.
Gilt die Regel, dass von 100 Infizierten 10 ins Spital und von diesen einer auf die Intensivstation kommt, durch die Delta-Variante noch?
Sie ist aggressiver, weil sie infektiöser ist. Die Ansteckungsgefahr der Delta-Variante ist wirklich um einen Faktor höher. Ein Großteil der Bewohner in Alten- und Pflegeheimen ist mittlerweile geimpft. Das heißt, es betrifft jetzt weniger ältere Patientinnen und Patienten, sondern viel mehr jüngere. Das bedeutet aber auf der anderen Seite wieder, dass diese, wenn sie schwerer erkranken, auch länger auf Intensivstationen verbleiben müssen und auch viel, viel mehr Aufwand bedeuten für uns.
Wie alt sind die Patienten derzeit bei Ihnen?
Es gibt schon einzelne Fälle auf den Intensivstationen, wo es 70-Jährige betrifft. Das sind aber meistens oder eigentlich alle Patienten, die sich nicht impfen lassen. Vielmehr verschiebt sich jetzt das alte Spektrum der Covid-Intensiv-Patienten in die vierte bis fünfte Lebensdekade hinein.
Wie viele der Corona-Patienten auf den normalen Stationen sind geimpft bzw. ungeimpft oder auch nur einfach geimpft? Und wie sieht es auf den von Ihnen betreuten Intensivstationen aus?
Von allen Intensivzentren, die wir betreuen, ist kein einziger der Covid-Patienten dort geimpft.
Eine persönliche Frage: Wie gehen Sie damit um, dass die Patienten, die sie betreuen, nicht geimpft sind?
Natürlich ist es frustrierend. Ich glaube, vergangenen Herbst, als die zweite Welle heranrauschte, hätte die gesamte Bevölkerung in Österreich sehr viel dafür getan. Dann hätte der Lockdown verhindert werden können. Jetzt haben wir eine Impfung und wenn es so weitergeht, könnte es durchaus sein, dass wir schon wieder in einen Lockdown hineinschlittern, obwohl wir was dagegen tun könnten. Natürlich muss man die Argumente von Impfgegnern ernst nehmen, natürlich muss man frei darüber diskutieren. Aber es macht dann schon auch eine frustrierende Stimmung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wenn der nächste Intensivpatient kommt, der eben wieder nicht geimpft ist.
Man hört öfter, dass sich auch ältere Geimpfte infizieren und ins Spital müssen. Können Sie das bestätigen?
Bei Impfdurchbrüchen kann es durchaus sein, dass der eine oder andere Patient auch trotz der Impfung ins Spital muss, das muss man aber ganz deutlich sagen. Aber man erkrankt zumindest nicht so schwer.
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