Infektiösere Virusvariante bereits in 33 Ländern nachgewiesen

Das Bild zeigt Virus-Partikel (rot), die Zellen infizieren.
Neue Daten zeigen, wie sich die höhere Infektiosität der in England zuerst aufgetretenen Variante konkret auf das Ansteckungsrisiko auswirken könnte.

Bereits in 33 Ländern konnte die neue, zuerst in England aufgetretene infektiösere Variante des neuen Coronavirus nachgewiesen werden, berichtet die New York Times, darunter auch in Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Die Türkei verhängte am Freitag ein Einreiseverbot für Reisende aus Großbritannien, nachdem 15 Infektionen mit der neuen Variante nachgewiesen werden konnten. Alle stammten von Personen, die erst kürzlich aus Großbritannien eingereist waren.

Laut einer neuen Studie des Imperial College London kann die neue Variante die sogenannte Reproduktionszahl um 0,4 bis 0,7 erhöhen, berichtet die BBC. Bisher wurde diese Zahl für das neue Coronavirus mit Werten zwischen 2,4 und 3,3 angegeben - das bedeutet: Im Schnitt steckt ohne jeglichen Schutzmaßnahmen wie Masken oder Abstand jeder Infizierte drei weitere Personen an. Mit der neuen Variante könnten es demnach statistisch zwischen drei und vier Personen sein.

"Das ist die schwerwiegendste Änderung des Virus seit Beginn der Epidemie", sagt Axel Gandy vom Imperial College der BBC. Die Unterschiede zwischen den bisherigen und der neuen Variante seien "ziemlich extrem".

Laut der Studie haben sich in England im November die Übertragungen durch die neue Variante verdreifacht, wohingegen jene durch die alte Variante um ein Drittel zurückgegangen sind.

Und: Erste Daten zeigten, dass sich das Virus in England bei den Unter-20-Jährigen rascher ausbreitet, besonders bei den 11-bis 16-Jährigen. Allerdings: Diese Daten stammten aus der Zeit des November-Lockdown, in dem allerdings Schulen offen, die Einschränkungen für Erwachsene hingegen stärker waren. "Wir sehen jetzt, dass das neue Virus über alle Altersgruppen infektiöser ist."

Ursprünglich gingen Forscher davon aus, dass die neue Variante um 70 Prozent infektiöser ist, eine kürzlich veröffentlichte Studie geht von 56 Prozent aus. Auch das ist nur eine Modellierung: "Wenn die Forscher sich durch alle Daten durchgearbeitet haben, ist es auch möglich, dass es sich nur um eine um 10 bis 20 Prozent höhere Übertragbarkeit handelt", wird Trevor Bedford vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle in der New YorkTimes zitiert. Aber auch dann wäre sie bereits im März auch in den USA die dominierende Variante.

Anzeichen dafür, dass die Erkrankungen schwerer verlaufen und häufiger tödlich sind, gibt es nicht. Auch an den dominierenden Übertragungswegen (Tröpfchen, Aerosole) hat sich nichts geändert. Allerdings erhöht eine Variante, die leichter übertragbar ist, alleine durch die größere Anzahl infizierter Personen auch die Zahl der Todesfälle.

Erste Daten zeigen auch, dass mit der neuen Variante Infizierte größere Virusmengen in Nase und Rachen haben im Vergleich mit anderen Varianten. Das würde auch die höhere Übertragungsrate erklären: Je höher die Viruslast, umso mehr Viren werden beim Atmen, Sprechen, Husten oder Niesen ausgestoßen.

Was die höhere Infektiosität konkret bedeutet

Konkret bedeutet diese höhere Infektiosität: Bisher steckten sich zehn Prozent jener Personen an, die mit einem Infizierten innerhalb von weniger als zwei Metern für zumindest 15 Minuten ungeschützten Kontakt hatten. "Mit der neuen Variante gehen wir von 15 Prozent aus", sagt Bedford. "Schon derzeit risikoreiches Verhalten wird also noch risikoreicher." Das aber könnte bedeuten, dass strengere Maßnahmen zur Eindämmung der Virusausbreitung notwendig werden, erklärte Jim Naismith von der Universität Oxford.

Die neue Variante weist 17 genetische Veränderungen auf. Zumindest eine davon könnte dazu führen, dass die Viren leichter an jenes Protein an der Oberfläche menschlicher Zellen binden, das ihnen den Weg ins Zellinnere öffnet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommentare