Überraschende Studie: Diese Impfungen reduzieren das Risiko für Alzheimer

Die Auslöser von Demenzerkrankungen wie Alzheimer sind noch immer nicht völlig geklärt. Immer mehr Faktoren, die das Risiko für die Nervenerkrankung erhöhen, sind allerdings bekannt. Dazu zählen etwa Lebensstilfaktoren. Weniger bekannt ist aber, dass auch gängige Infektionen mit Viren und Bakterien das Risiko erhöhen bzw. einen Einfluss auf die Entwicklung von Alzheimer haben können. In einer aktuellen Studie wurde nun untersucht, welchen Einfluss Routine-Impfungen darauf haben.
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Die Verhinderung von Infektionen durch Schutzimpfungen könnte angesichts der steigenden Zahlen an Demenzpatienten eine weitere Präventionsmaßnahme gegen die Erkrankung sein, sagen Experten anlässlich des heutigen Welt-Alzheimertags, der jährlich am 21. September Bewusstsein schaffen soll.
Als größte Demenz-Risikofaktoren gelten: Diabetes, Bluthochdruck, starkes Übergewicht in der Lebensmitte, Bewegungsmangel, Depression, Rauchen sowie niedriges Bildungsniveau und geringe geistige Aktivität.
Hier lesen Sie, welche Rolle gängige Impfungen spielen und wie hoch die Reduzierung des Risikos durch einen aufrechten Impfschutz ist:
Demenz ist ein Überbegriff für Krankheiten, bei denen mentale Fähigkeiten verloren gehen. Alzheimer ist mit fast 70 Prozent der Fälle die häufigste Form und zeichnet sich durch sogenannte Amyloid-Ablagerungen aus (ein Eiweiß). Die Veränderungen im Gehirn wären bereits 20 Jahre vor der Diagnose sichtbar, werden jedoch allgemein nicht untersucht.
Weitere degenerative Formen sind die Lewy-Körper-Demenz (häufig; Wahnvorstellungen, Müdigkeit, aber unruhiger Schlaf), Frontotemporal-Demenz (selten; Verhaltensänderungen, Gedächtnisstörungen) sowie andere Subtypen. Es gibt aber auch "sekundäre Demenzen" (unter zehn Prozent). Sie sind nicht durch prozesshaftes Geschehen im Gehirn ausgelöst, sondern haben einen anderen Grund – z.B. Schilddrüsenunterfunktion bei Älteren, Alkoholmissbrauch oder Gehirnverletzungen.
Für ihre im August im Fachjournal Journal of Alzheimer's Disease veröffentlichte Untersuchung griffen die US-Forscher auf anonymisierte Daten einer Datenbank mit 1,6 Millionen Patientenunterlagen zurück. Verglichen wurden für jede der Impfungen (gegen Tdap, HZ- oder Pneumokokken) je zwei Kohorten, eine geimpfte und eine ungeimpfte. Die Patientinnen und Patienten waren zu Beginn der achtjährigen Nachbeobachtungszeit ≥ 65 Jahre alt und während der ersten zwei Jahre frei von Demenz.
Bei der Entstehung der Alzheimer-Erkrankung scheinen Infektionen eine gewisse Rolle zu spielen, indem sie Neuroinflammation, Neurodegeneration, aber auch Amyloid- und Tau-Ablagerungen, die typisch für das Krankheitsbild sind, fördern. Im Umkehrschluss wurde inzwischen in etlichen Untersuchungen gezeigt, dass Impfungen, z.B. gegen Gürtelrose (Herpes Zoster), Tetanus-Diphtherie-Pertussis (Tdap) sowie Pneumokokken, bei Erwachsenen das Alzheimer-Risiko verringern.
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Deutliche Unterschiede zeigten sich
Die Untersuchung zeigte, dass es bei Menschen, die eine der Impfung erhalten hatten, im Vergleich zu den jeweils nicht Geimpften signifikant seltener zur Erstmanifestation einer Alzheimer-Erkrankung kam. Bei den gegen Tetanus-Diphtherie-Pertussis Geimpften waren es 7,2 % gegenüber 10,2 % derjenigen, die diese Impfung nicht erhalten hatten. Bei der Impfung gegen Herpes zoster (Gürtelrose) waren es 8,1 % versus 10,7 % ) und bei der Impfung gegen Pneumokokken 7,92 % versus 10,9 %.
Eine ähnlich hohe Risikoreduzierung hatte die Autorengruppe bereits in einer vorhergehenden Publikation für die Grippeimpfung gezeigt.
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Risikoreduzierung ist hoch
„Das entspricht einer Risikoreduzierung von 25 bis 30 Prozent, was wirklich viel ist“, erklärt Prof. Dr. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Zwar handle es sich um eine retrospektive Auswertung. Angesichts der Größe der Kohorte und der Tatsache, dass bereits andere Studien auf eine Risikoreduzierung durch Impfungen hindeuteten, liefere die aktuelle Erhebung ein „ernstzunehmendes Signal“, dass diese Routineimpfungen auch das Alzheimer-Risiko senken. Damit würden ältere Menschen vom potenziellen Zusatznutzen gängiger Impfungen profitieren.
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