Klimaerwärmung stärkt Gelsen
Und es könnten mehr werden: Schon bald könnte der Erreger größere saisonale Erkrankungswellen verursachen, wie es sie bereits in südeuropäischen Ländern wie Italien gibt, meint Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg. "Wir können im Labor nachweisen, dass sich Viren in Stechmücken schneller vermehren können, wenn die Temperaturen höher sind. Da gibt es einen klaren kausalen Zusammenhang zur Klimaerwärmung", betont Schmidt-Chanasit. Herausragend war etwa das Hitzejahr 2018, wo es in mehreren europäischen Ländern zu West-Nil-Ausbrüchen kam – hierzulande wurden 21 Fälle bestätigt. Das West-Nil-Virus übersteht inzwischen auch unsere Winter.
Dass sich der Klimawandel auf Krankheiten auswirken kann, zeigt auch eine aktuelle Studie, die im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde: 58 Prozent der Infektionskrankheiten, mit denen die Menschheit weltweit konfrontiert ist, wurden laut den Studienautoren zu irgendeinem Zeitpunkt durch klimatische Risiken wie Erwärmung, Niederschläge, Fluten, Trockenheit und Stürme verschlimmert.
Hirnhautentzündungen
Das West-Nil-Virus wird als Beispiel erwähnt. Denn: Die beschriebenen Klimaveränderungen begünstigen das Auftreten der Gelse. "Das Virus wird zwar oft mit anderen Arten in Verbindung gebracht, wesentlicher Überträger für West-Nil ist aber die normale Hausgelse. Wir haben sie im Überfluss", sagt Virologe Stephan Aberle von der MedUni Wien.
80 Prozent der Infektionen verlaufen asymptomatisch. Bei 20 Prozent der Infizierten kommt es aber zu einer grippeähnlichen Erkrankung, oft mit einem Masern-ähnlichen Ausschlag. "Vor allem bei älteren Menschen kann es zu neurologischen Erkrankungen wie Meningitis (Hirnhautentzündung) und Enzephalitis (Entzündungen des Gehirns) kommen. Das betrifft etwa ein Prozent aller Infizierten und kann zu Todesfällen führen", erklärt Aberle. In Österreich sind bereits einige dieser gefürchteten Entzündungen infolge einer Infektion mit dem West-Nil-Virus aufgetreten, Todesfälle gab es, anders als im Nachbarland Deutschland, bisher nicht.
Überwachungssystem
Behandelt werden können nur die Symptome, eine Therapie gegen das Virus gibt es nicht, ebenso wenig eine Impfung. Erfasst werden die Infektionen seit 2014 auch über Blutspenden – das Virus wird über Transfusionen übertragen. "Wir haben ein sehr gutes Überwachungssystem und testen von Juni bis Oktober alle Blutspenden in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland. Im Westen Österreichs sind bisher noch keine Fälle aufgetreten", sagt Aberle.
Sein natürliches Reservoir sind übrigens Vögel, insbesondere Zugvögel, aber auch manche Säugetiere wie Pferde, Hunde und Katzen können infiziert werden. Das Virus wird nicht zwischen Säugetieren oder Menschen übertragen. Um sich zu schützen, hilft nur eines: Gelsenstiche vermeiden.
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