Zwar ist kein Jahr gleich - wie intensiv die Pflanzen stäuben, wechselt. Dass heuer ein ungewöhnliches Pollenjahr bevorsteht, zeigte sich aber bereits bei den Frühblühern: Auch sie starteten früher. "Die ungewöhnlich hohen Temperaturen im Winter waren allgemein für alle Pflanzen ein Trigger", erklärt Bastl. Gräserpollenallergien zählen allerdings zu den häufigsten Allergien, zwei Drittel aller Allergiker sind davon betroffen, in Europa sind es 12 bis 17 Prozent der Bevölkerung. Das liegt unter anderem daran, dass für die meisten Gräserallergien Süßgräser verantwortlich sind. Und zu dieser Familie zählen weltweit immerhin 12.000 Arten. Zudem sind sie sehr verbreitet, sodass man im Alltag fast unweigerlich auf sie trifft. Sie wachsen auf Wiesen, neben Straßen und Wegen. In einer Stadt wie Wien seien auch Naturdenkmäler, Parks oder die Donauufer Hotspots für Gräserpollen. Auch die meisten Getreidearten gehören zu den Süßgräsern.
Was jetzt schon blüht
Maximilian Bastl und sein Team beurteilen die aktuelle Situation und damit das Allergiepotenzial anhand von Proben, die in Pollenfallen gesammelt werden. Dabei wird Luft von der Pollenfalle angesaugt und alle Partikel dieser angesaugten Luft haften im Inneren der Falle an einem Klebestreifen an. Unter einem speziellen Mikroskop werden die Pollenkörner gezählt. Das gibt den Experten Aufschluss über die aktuelle Konzentration in der Luft und die aktuelle Pollenbelastung.
Die gesammelten Pollen erlauben aber auch Rückschlüsse auf die jeweilige Saison und ihr Fortschreiten. "Derzeit finden wir schon Pollen wie sonst im Frühsommer." Dazu zählt etwa derzeit das Wiesenfuchsschwanzgras. Die hoch wachsende und violett blühende Pflanze "ist derzeit in ihrer Hauptblühphase". Der Glatthafer stäubt ebenfalls bereits - normalerweise ist das aber erst Ende Mai, Anfang Juni der Fall. Ähnlich schaut es auch beim Knäuelgras aus. "Es blüht ebenfalls bereits und ist normalerweise erst später dran."
Was die Gräsersaison so unangenehm für betroffene Allergiker macht, sind die unterschiedlichen Blühzeiten, die sich über mehrere Monate erstrecken. "Die Gräser bleiben uns bis in den Juli hinein erhalten", sagt Bastl. Allerdings heißt das nicht, dass alle Allergiker durchgehend stark belastet sind. Bei allen Gräserarten kommt es zu gewissen Belastungshöhepunkte. "Dabei reagiert nicht jeder Allergiker gleich auf jedes Gras. Man kann am Anfang, in der Mitte oder am Ende der Saison reagieren." Die meisten sind jedoch in der Mitte betroffen.
Eine gute Nachricht
Pollenexperten und Allergikern machen neben den üblichen Gräsern auch die sogenannten invasiven Neophyten Sorgen. Diese eingeschleppten Pflanzen aus der Gräserfamilie reagieren ebenfalls auf die veränderten Temperaturbedingungen. "Manche Beifußarten blühen später, wenn es im Herbst wärmer ist. Im Vorjahr haben wir gesehen, dass manche einen ähnlich hohen Peak hatten wie in ihrer Hauptsaison." Das Phänomen ist in anderen Regionen wie etwa Südtirol schon seit rund zehn Jahren bekannt. Und nun also auch bei uns.
Bastl kann den warmen Temperaturen aber auch etwas Gutes abgewinnen. Durch den frühen Wachstumsschub ist vielfach bereits gemäht worden, was alljährlich die Blüh- und Stäubbereitschaft der Gräser etwas reduziert. "Daher ist bei manchen Gräsern die erste Welle, die viele Allergiker besonders belastet, schon weg."
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