Gestresste Psyche: Deutlich mehr Beruhigungsmittel gekauft

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"Wir sind alarmiert", sagt ein Spezialist für pflanzliche Arzneimittel und startet Kooperation mit Psychotherapeuten.

Die Corona-Pandemie belastet die Psyche, zeigen Meinungsumfragen und jetzt auch Umsatzzahlen, wie der Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Schwabe Austria, Fritz Gamerith, weiß: „Ganz allgemein sind die Verkäufe für frei erhältliche Beruhigungsmittel in den vergangenen Monaten gestiegen. Wir bemerken das vor allem bei unserem pflanzlichen Beruhigungs- und Einschlafmittel Passedan. Die Absatzzahlen haben sich dieses Jahr so deutlich erhöht, wie wir es nie erwartet hätten.“

Gamerith und seine Kollegen sind alarmiert. "Es macht sichtbar, dass die aktuelle Corona-Situation für viele Menschen absolut nicht leicht auszuhalten ist und dass die Unruhe sowie Angespanntheit in der Gesellschaft deutlich zunimmt“, heißt es in einer Aussendung des Unternehmens, das auf pflanzliche Arzneimittel spezialisiert ist.

Sorgen und schlechter Schlaf

Ängste, Sorgen, Niedergeschlagenheit und Schlafprobleme zeigen sich aber nicht nur bei bereits psychisch Erkrankten verstärkt. Auch für viele an sich gesunde Menschen stellt die Corona-Situation eine ständige Dauerbelastung für die Psyche dar. „Für uns ist dabei besonders bedenklich, dass wir den enormen Anstieg der Nachfrage im Segment der Medikamente für mentale Gesundheit schon seit den Sommermonaten beobachten“, so die Schwabe-Marketingleiterin.

„Was wird da erst der kurz bevorstehende Winter bringen, in dem die Stimmung schon alleine aufgrund von Lichtmangel deutlich eingeschränkt sein kann? Und besonders jetzt, wo wir uns mit neuerlichen Einschränkungen des öffentlichen und sozialen Lebens auseinandersetzen müssen? Im besonderen Maße denke ich da mit Besorgnis auch an die drohende Vereinsamung gerade älterer Menschen, für die soziale Einschränkungen oft eine enorme Reduktion der Lebensqualität mit sich bringen.“

Stigma bekämpfen

Schwabe hat daher eine Kooperation mit der Vereinigung Österreichischer Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (VÖPP) geschlossen, um das Stigma psychischer Erkrankungen zu bekämpfen. „Es ist definitiv so, dass die Pandemie und die damit verbundenen Konsequenzen bei der überwiegenden Mehrheit meiner PatientInnen und Patienten den Leidensdruck verschlimmert haben“, bestätigt Simon Zehetner von der VÖPP.

Vor allem Depressionen sowie Angstsymptome würden verstärkt auftreten und frühere Traumatisierungen seien bei einigen Patienten durch den erlebten Kontrollverlust reaktiviert. „Kein Wunder: Kurzarbeit und Angst vor Jobverlust, sozialer Rückzug – diese und eine Vielzahl weiterer sozioökonomischer Faktoren, die aktuell viele Menschen betreffen, wirken sich negativ auf unseren Gemütszustand aus. Depressionen und Angsterkrankungen werden durch die Reduktion der Verhaltensaktivität in ihrer Entwicklung begünstigt. Durch die Covid-Maßnahmen sind diverse Aktivitäten schwieriger durchzuführen und in ihrer Planung unvorhersehbarer“, erklärt Zehetner. „Und Menschen, die mit einer Angstproblematik leben, sehen sich in ihren Ängsten und in ihrem Vermeidungsverhalten auch noch bestätigt. Es scheint für sie subjektiv, als hätte sich ihre Vorsicht nun endlich ausgezahlt. Das fördert Vermeidungsverhalten. Und das ist wiederum der größte Motor für die Verstärkung von Angst.“

Lieber Naturheilmittel statt Alkohol gegen Stress

Eine Krankheit beginne laut Zehetner häufig in einem milderen Stadium. „Menschen neigen dazu, sich erst einmal selbst zu behandeln, weil immer noch die Angst vor der Stigmatisierung vorherrscht, wenn sie zum Psychiater gehen“, so Zehetner. „Im Sinne des gesundheitlichen Selbstmanagements ist die pflanzliche Unterstützung aus der Apotheke eine sehr hilfreiche Strategie. Hier braucht es einfach mehr Bewusstsein: Denn wer nicht weiß, dass es frei erhältliche, pflanzlich wirksame Medikamente gegen beginnende depressive Zustände und milde Formen von Ängsten gibt, greift in der Selbstregulierung leider oft zu Alkohol oder anderen schädigenden Substanzen. Es ist wichtig zu betonen, dass, wenn die Probleme andauern oder sich intensivieren, professionelle Unterstützung in Anspruch genommen werden soll.“ Bei den pflanzlichen Mittelm gebe es eine große Bandbreite, betont man bei Schwabe, etwa Lavendelöl bei ängstlichen Verstimmungen oder Passionsblumenkraut als natürliche Einschlafunterstützung.

Bei der Zusammenarbeit geht es auch um medizinische und psychotherapeutische Aufklärung. Für die kommenden Monate rät der Experte für die Psyche bei depressiv gefährdeten Personen zur bewussten Aktivitätssteigerung und Routine. „Machen Sie zum Beispiel bewusst morgens Ihr Bett, wenn Sie das ansonsten nicht tun. Planen Sie ausreichend angenehme Aktivitäten in Ihren Alltag ein. Und für Angstbetroffene gilt: Überprüfen Sie, ob etwas für alle eine gefährliche Situation darstellt oder ist das nur für Sie so? Und wenn es nur für Sie gefährlich scheint, aber objektiv nicht gefährdend ist: Dann vermeiden Sie unbedingt das Vermeiden!“

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