FDA erteilt Zulassung für Alzheimer-Medikament
Kann der Wirkstoff Aducanumab den Ausbruch der Alzheimerkrankheit hinauszögen oder sogar verhindern? Über diese Frage hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA bis Montag zu entscheiden. Und sie gab am Ende grünes Licht für das Alzheimermedikament.
Bei Aducanumab handelt es sich – vereinfacht gesagt – um eine Impfung: Antikörper binden die für die Alzheimerkrankheit charakteristischen Beta-Amyloide, die dann über die Niere ausgeschieden werden. Beta-Amyloide bilden die für Alzheimer-Patienten typischen Plaque-Ablagerungen im Gehirn. Diese verursachen eine Gewebsreaktion und gelten als Ursache für klinischen Krankheitsverlauf.
Die Zulassung von Aducanumab, zumindest für bestimmte Personengruppen, hält der Neurologe Peter Dal-Bianco, Präsident der Österreichischen Alzheimergesellschaft für eine gute Sache: „Wenn man Aducanumab in einem Stadium einsetzt, in dem die Krankheit noch keine Symptome macht, kann es den Ausbruch der klinischen Symptomatik verhindern. Das Mittel setzt nämlich an der Ursache der Alzheimer-Erkrankung an.“
Einsatz bei fehlenden Symptomen
Das Problem: Der Wirkstoff sollte bereits dann eingesetzt werden, wenn der Patient bzw. die Patientin noch gar keine Symptome hat: „Leidet ein Mensch unter zunehmender Vergesslichkeit, sind schon zu viele Nervenzellverbindungen inaktiv“, erläutert Dal-Bianco. Er plädiert dafür, einen solchen Wirkstoff – so er zugelassen ist – nur Menschen zu verabreichen, auf die zwei Faktoren zutreffen: „Eine erbliche Vorbelastung sowie bestimmte Alzheimer-Marker im Blut, die auf eine krankhafte Veränderung im Hirn hindeuten.“ Konkret könnte das bedeuten, dass die Mutter, die Tante sowie die Großmutter an Alzheimer erkrankt sind, der Patient gleichzeitig ApoE-4-positiv ist und alzheimertypische Eiweißkonzentrationen in der Rückenmarksflüssigkeit hat. „Zur Diagnose braucht es da sicher ein ganzen Inventar an solchen Markern, das berücksichtigt werden muss.“
Überraschend
Dass Biogen nun die Zulassung von Aducanumab beantragt hat, überrascht ein wenig: Im März 2019 hatte der Konzern zwei Phase-3-Studien mit dem Antikörper gestoppt, weil es kontroverse Hinweise auf eine klinische Wirksamkeit gegeben hatte. Damit galt die Entwicklung des Wirkstoffes zunächst als gestoppt. Jetzt wurden die Daten neu ausgewertet. Insbesondere jene Patienten wurden genauer analysiert, die über eine längere Zeit eine höhere Dosierung bekamen und das Medikament in einem frühen Stadium erhalten hatten. Ergebnis: Der Verlust von Gedächtnisleistung, Orientierung und Sprachvermögen verringerte sich.
Jetzt hat die FDA das Medikament also zugelassen. Im Vorfeld war durchgesickert, dass nicht alle Begutachter die Daten für ausreichend hielten. Die Entscheidung der amerikanischen Behörde wird wohl auch Auswirkungen auf Europa haben: Hier wird die Arzneimittelbehörde EMA bis Ende des Jahres über die Zulassung entscheiden.
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