Faktencheck zu Impfdurchbrüchen: Impfung wirkt trotzdem
Politiker, Mediziner und Experten warnten eindringlich: Die vierte Welle werde eine Pandemie der Ungeimpften. Impfskeptiker tun die Aussage oft als Werbeslogan ab, generell stellen sie die Wirksamkeit der Impfung in Frage. Als Beleg, dass die Impfung nicht wirke, bringen Impfskeptiker eine steigende Zahl an Impfdurchbrüchen ins Spiel.
Tatsächlich steigt in Österreich der Anteil der Impfdurchbrüche. In einem Bericht der AGES von 31. August 2021 steht etwa, dass seit Februar 3,15 Prozent der symptomatischen Corona-Fälle vollständig geimpft waren. Laut AGES-Bericht von 22. September 2021 lag der Anteil der Fälle von Impfdurchbrüchen seit Februar bei 6,19 Prozent. Eine Woche später bei 6,87 Prozent und aktuell bei 7,82 Prozent.
Diese Daten belegen allerdings nicht, dass die Corona-Impfung unzureichend wirkt. Rein statistisch steigt mit dem Anteil der geimpften Bevölkerung auch die Anzahl der Impfdurchbrüche. Statistisch ist zu erwarten, dass wenn der Anteil der Geimpften in der Bevölkerung steigt, auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass unter den Covid-19-Fällen Geimpfte sind. Das erklärt sich daraus, dass obwohl die Impfung sehr gut wirkt, nicht alle Infektionen vermieden werden können.
Die AGES formuliert es derart: "Wenn alle Personen einer Population geimpft sind, sind alle Infektionen, die auftreten, bei Personen, die vollständig geimpft sind; sprich es beträgt der Anteil der Fälle von Impfdurchbrüchen an den Fällen von COVID-19 100 Prozent.“ Die Anzahl der Impfdurchbrüche ist demnach auch vom Infektionsgeschehen abhängig.
Tiroler Kliniken
Als weiteren Beleg für die vermeintlich unzureichende Impfwirksamkeit nennen Kritiker zuletzt oft die vom FPÖ-Politiker Peter Wurm genannten Zahlen zu Geimpften in Tiroler Krankenhäusern. Demnach seien mit Stand 22. September 67 Prozent der Corona-Patienten in Innsbruck doppelt geimpft gewesen, auf der Intensivstation 30 Prozent. In Tirol habe der Anteil der doppelt Geimpften auf Normalstationen 46 Prozent betragen, auf Intensivstationen 34 Prozent.
Tatsächlich waren nach Angaben der Tiroler Kliniken etwa an der Uniklinik Innsbruck mit Stand 6. Oktober fünf der acht Corona-Patienten auf der Normalstation geimpft (62,5 Prozent). Drei der zehn Corona-Patienten auf der Intensivstation waren demnach geimpft (30 Prozent). Mit Stand 22.9. seien sogar acht der zehn Corona-Patienten auf der Normalstation geimpft gewesen (80 Prozent). Bei den Intensivpatienten ist das Verhältnis gleichgeblieben.
Die scheinbar hohen Zahlen bedeuten allerdings nicht, dass die Corona-Impfung unzureichend wirkt, betonen sowohl die Tiroler Landesregierung, die AGES als auch die Tiroler Kliniken. Zum einen gilt hierbei nämlich zu beachten, dass es sich bei geimpften Patienten in Krankenhäusern, die positiv getestet werden, nicht automatisch um Impfdurchbrüche handelt. In Tirol können etwa laut dem Kliniksprecher auch Patienten wegen beispielsweise Nierenversagen auf der Intensivstation liegen, die zufällig positiv auf Corona getestet werden. Diese zählen dann zwar als Coronafälle, aber nicht als Impfdurchbrüche.
Aus den Tiroler Kliniken heißt es weiters: "Bei den geimpften PatientInnen handelt es sich größtenteils um immunsupprimierte (Transplantation, Autoimmunerkrankung), onkologische oder sehr betagte PatientInnen. Bei diesem PatientInnenkollektiv kann die Impfung entweder ihren vollen Schutz nicht entfalten, oder der Impfschutz lässt schneller nach und muss dementsprechend aufgefrischt werden.“ Entsprechend seien die Tiroler Zahlen ein Beleg, dass die Impfung gut helfe, weil sie schwere Verläufe verhindere.
Universitätsprofessor Günter Weiss betont, dass die Covid-Impfung "in einem sehr hohen Ausmaß" wirke. Bei hospitalisierten geimpften Personen habe das "in den allermeisten Fällen" mit der "persönlichen Krankengeschichte und persönlichen Risikofaktoren (...) zu tun.“ Daraus dürfe man nicht den Schluss ziehen, dass die Covid-Impfung nicht wirke. "Die bloße Angabe von Impfquoten bei hospitalisierten PatientInnen ohne die damit in Verbindung stehenden individuellen Krankenanamnesen ergibt ein völlig verzerrtes Bild".
Schutzwirkung lässt nach
Es gibt Hinweise, dass die Schutzwirkung der Impfung bei bestimmten Gruppen mit der Zeit nachlässt, wie unter anderem aus einem internen Dokument der Ampel-Kommission hervorgeht, das der APA vorliegt.
Darauf deuten auch mehrere Studien hin. Laut US-Gesundheitsbehörde CDC (September 2021) sank die Wirksamkeit des Biontech/Pfizer-Impfstoffs innerhalb von ein paar Monaten auf 77 Prozent. Moderna blieb demnach mit seiner Wirksamkeit bei 92 Prozent. Auch eine britische Preprint-Studie (August 2021) ergab, dass die Wirksamkeit der Corona-Impfung bei der zuletzt stark aufgetretenen Delta-Variante mit der Zeit nachlässt. Zwei Studien des renommierten "New England Journal of Medicine" (Oktober 2021) zufolge war die Immunantwort sechs Monate nach Erhalt der zweiten Dosis "deutlich verringert". In der zweiten Studie wird allerdings beschrieben, dass der Schutz vor Hospitalisierung und Tod auf einem stabilen Niveau geblieben war.
Eine nachlassende Schutzwirkung sollte aber Menschen nicht davon abhalten, sich generell impfen zu lassen. Eine Modellrechnung des Gesundheitsministerium geht Berichten zufolge davon aus, dass durch die Covid-Impfung bis Ende Juli fast 2.200 Todesfälle verhindert werden konnten. Bei fast 5.800 Personen habe durch die Impfung ein Krankenhausaufenthalt verhindert werden können.
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