Faktencheck: Corona-Impfung verringert Risiken für Schwangere
Vor über eineinhalb Jahren kamen die ersten Corona-Impfstoffe in der EU zur Anwendung. Seither verbreiten Impfgegner falsche sowie irreführende Informationen dazu und schüren Angst. Aktuell stellt etwa ein Blog-Artikel einen möglichen Zusammenhang zwischen der Impfung und der gestiegenen Anzahl an Totgeburten in den Raum. Auch auf Twitter werden diese Zusammenhänge konstruiert. Die Austria Presseagentur (APA) hat diese Aussagen jetzt einem umfassenden Faktencheck unterzogen.
Einschätzung: Weltweit lässt sich seit der Corona-Pandemie ein Trend zu mehr Totgeburten feststellen. Das liegt an einem Rückgang in der medizinischen Versorgung. Es gibt keinerlei Belege dafür, dass die Corona-Impfung schädliche Effekte auf Schwangere oder deren Babys hat. Im Gegenteil: Die Impfung reduziert Studien zufolge das Risiko schwerer Corona-Krankheitsverläufe sowie einer Totgeburt. Schwangere Frauen erleiden zudem häufiger als Nicht-Schwangere schwere Verläufe.
Überprüfung: In Österreich dokumentiert die Statistik Austria die Anzahl der Totgeburten. Gemäß den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gilt dabei, dass wenn ein Kind ein Gewicht von 500 Gramm oder mehr hat und tot geboren wird, man von einer Totgeburt spricht. Hat das Kind unter 500 Gramm, ist es eine Fehlgeburt.
Im Jahr 2018 gab es in Österreich 277 Totgeborene, im Jahr 2019 261. 2020 waren es 317 und vergangenes Jahr 309. Die Anzahl der Totgeborenen war also in den beiden Pandemiejahren tatsächlich höher als in den beiden Jahren zuvor. Der Mittelwert aller Totgeborenen zwischen 1995 und 2021 liegt bei 305. Die beiden Werte von 2020 und 2021 sind nur leicht darüber. Die Rate an Totgeburten pro 1.000 lag im Jahr 2018 bei 3,23, 2019 bei 3,06, 2020 bei 3,78 und 2021 bei 3,58.
Warum Totgeburten zugenommen haben
Dafür, dass dieser Zuwachs mit der Corona-Impfung in Zusammenhang stehen könnte, gibt es keine Belege. Zumal der höchste der genannten Werte 2020 gemessen wurde, als die Corona-Impfung noch gar nicht eingesetzt wurde. Am 27. Dezember 2020 wurde in Österreich die erste Dosis verabreicht.
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 lässt sich weltweit ein Trend zu mehr Totgeburten beobachten. Im Frühjahr 2021 wertete die St. George's University in London 40 Studien dazu aus, die zeigen, dass ursächlich dafür ein Rückgang in der vorgeburtlichen medizinischen Versorgung ist. Demnach nahmen werdende Mütter seit 2020 seltener medizinische Hilfe in Anspruch, etwa aus Angst vor einer Corona-Infektion oder wegen Lockdowns. Komplikationen in der Schwangerschaft blieben viel öfter unbemerkt.
Bereits im Oktober 2020 wurde in einem UNICEF-Bericht davor gewarnt, dass durch die Covid-19-Pandemie die weltweite Zahl der Totgeburten steigen könnte: "Schätzungen zufolge könnten zwischen 60.000 (...) und 200.000 (...) zusätzliche Totgeburten über einen Zeitraum von 12 Monaten als Folge von Covid-19-bedingten Schwierigkeiten in der medizinischen Versorgung auftreten", heißt es.
Eindeutig belegt sind die positiven Effekte der Corona-Impfung auf Schwangere und deren Babys: Einer Studie in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift nature communications (Mai 2022) zufolge verringert sich für mit mRNA-Stoffen geimpfte Mütter das Risiko einer Totgeburt um rund 15 Prozent. Die Impfung sei mit keinen erhöhten Risiken verbunden.
Auch eine Studie (in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet (Mai 2022) kommt zu dem Schluss, dass bei Frauen, die während der Schwangerschaft gegen Covid-19 geimpft wurden, nicht mehr Schwangerschaftskomplikationen festgestellt wurden als bei sonstigen Schwangeren. Während der Impfstoff innerhalb von wenigen Tagen abgebaut wird, verbleiben die Antikörper, die gegen Coronaviren wirken.
Nach Angaben der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) zeigen die Daten klar, dass eine Infektion in der Schwangerschaft häufiger als bei nicht-schwangeren Frauen schwere Verläufe zeigt: "Ein schwerer Erkrankungsverlauf mit Lungenentzündung, stationärer sowie intensivmedizinscher Betreuung war im Durchschnitt bei ungefähr 15 % der erkrankten Schwangeren notwendig, im Vergleich zeigten nicht-schwangere Frauen (...) lediglich in ca. 5,8 % einen schweren Verlauf mit Notwendigkeit einer stationären Betreuung. Weiters benötigen 5,7 % aller wegen COVID-19 stationären Schwangeren eine intensivmedizinische Behandlung (...). Dies bedeutet eine Risikoerhöhung um den Faktor 1,62 (...) für die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Betreuung". Zudem bestehe kumulativ ein erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt von etwa 17 Prozent im Vergleich zu Schwangeren ohne Covid-19.
Empfehlung auch für Booster-Impfung
Die OEGGG empfiehlt daher die Covid-19-Impfung für Schwangere ausdrücklich. Auch für die Booster-Impfung mittels des Impfstoffs von BioNTech/Pfizer sprach die Gesellschaft eine Empfehlung aus.
Tatsächlich handelt es sich bei der Impfung für Schwangere um einen Off-Label-Use. Das liegt laut der OEGGG daran, dass Medikamente primär nie an Schwangeren angewandt werden, da man zuerst Anwendungsdaten von Nicht-Schwangeren abwarten würde. "Daher werden Impfungen meist erst nach Jahren für Schwangere zugelassen. Allerdings wissen viele Frauen nicht, dass sie schwanger sind und lassen sich in der (Früh-) Schwangerschaft unwissentlich impfen. Aus diesen Beobachtungen und Daten kann man dann rückschließen, ob der Impfstoff für das Ungeborene sicher ist." Bei der Corona-Impfung seien innerhalb eines Jahres mehr als 8 Milliarden Impfungen verabreicht worden - darunter auch vielen tausend Schwangeren.
Bezüglich der angeblichen Vermehrung von Totgeburten nach der Impfung stellt auch die OEGGG klar fest: Das stimmt nicht. "Bei einer COVID-19-Infektion der Mutter wurde aber eine Verdoppelung des Risikos für eine Totgeburt beobachtet", heißt es.
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