Ertrinken: Wie man bei einem Badeunfall richtig hilft

Ein Mann zieht eine Frau aus dem Wasser.
Die ersten Minuten entscheiden bei Ertrinkungsunfällen über Leben und Tod. In Österreich ertrinken rund 40 Menschen jährlich.

Mit dem Start der Sommerferien heißt es für viele: Ab ins kühle Nass! Ob im Freibad, im See oder im privaten Pool – die Gefahren des Wassers dürfen nicht unterschätzt werden. Rund 40 Menschen ertrinken jedes Jahr in Österreich. Bei Kindern ist Ertrinken die zweithäufigste Todesursache, bei Kindern unter fünf Jahren ist es die häufigste tödliche Unfallursache. "In Wien kann die Hälfte aller Achtjährigen nicht richtig schwimmen. Das ist natürlich gefährlich, wenn die Badesaison beginnt“, sagt Rettungsschwimmexpertin Elisabeth Kellner vom Wiener Roten Kreuz

Österreichweit können laut aktueller Erhebung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit 134.000 Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 19 Jahren nicht schwimmen, weitere 93.000 nur sehr schlecht. Jedes fünfte Kind ist damit ertrinkungsgefährdet. Auch die Zahl der Nichtschwimmer über alle Altersgruppen bleibt laut der Studie konstant hoch: 670.000 Menschen können demnach nicht Schwimmen. 

Erst am vergangenen Wochenende kam es zu zwei schweren Badeunfällen mit Kindern: In Linz musste ein Dreijähriger, nachdem er reglos im Wasser gefunden wurde, reanimiert werden – der Bub erholt sich im Krankenhaus. Ein Sechsjähriger aus Wien schwebt weiter in Lebensgefahr – er wurde in einem Freibad im Wasser treibend von anderen Badegästen entdeckt. Sowohl die Helfer als auch ein Bademeister leisteten sofort Erste Hilfe, bis die Einsatzkräfte eintrafen.

Erste Minuten sind entscheidend

Die ersten Minuten entscheiden bei einem Ertrinkungsunfall über Leben und Tod. Wird ein Kind oder ein Erwachsener bewusstlos im Wasser entdeckt, besteht bereits Lebensgefahr. Denn: Das Gehirn kommt maximal drei bis fünf Minuten ohne Sauerstoff aus – danach kann eine dauerhafte Schädigung nicht ausgeschlossen werden. Entscheidend ist also, sofort zu helfen. 

Entdeckt man ein ertrinkendes Kind oder einen Erwachsenen im Wasser, sollte man

  1. Ruhe bewahren
  2. Andere auf die Situation aufmerksam machen. Entweder selbst den Notruf 144 rufen oder eine andere Person dazu anweisen.
  3. Die ertrinkende Person an Land holen, wenn man es sich zutraut. Dies ist bei Kindern einfacher als bei Erwachsenen - die eigene Kondition nicht überschätzen! Benützen Sie, falls vorhanden, Hilfsmittel wie eine Schwimmweste oder einen Rettungsring.
  4. Während die Person an Land gebracht wird, sollte ihr Kopf über Wasser gehalten werden.

An Land kann dann mit den Erste-Hilfe-Maßnahmen begonnen werden. Dazu zählt:

  1. Das Bewusstsein prüfen, indem man das Kind oder den Erwachsenen laut anspricht, z.B. "Wach auf!", und die Person dabei leicht berührt.
  2. Die Atmung kontrollieren – vorsichtig den Kopf überstrecken und für maximal 10 Sekunden prüfen, ob eine Atmung vorhanden ist. Bei normaler Atmung die Person in die stabile Seitenlage bringen und die Atmung überwachen, bis die Rettung eintrifft. Fehlt die Atmung, muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden.

Es ist nicht notwendig, das Wasser aus der Lunge "zu holen", indem etwa der Körper in Schieflage gebracht. Werden Kinder oder Erwachsene bei Bewusstsein aus dem Wasser gerettet, müssen sie dennoch in ein Krankenhaus zur Untersuchung und gegebenenfalls Überwachung gebracht werden. So können Folgeschäden, etwa der Lunge, erkannt werden. Noch Stunden später kann es zum sogenannten sekundären Ertrinken kommen, wenn die Lunge zeitverzögert reagiert. Die Folge sind Störungen des Gasaustauschs und Sauerstoffmangel. 

3 Schritte

  1. Beatmen: Bei Erwachsenen und Kindern ab einem Jahr wird zuerst 5-mal Mund-zu-Mund beatmet, bei Babys 5-mal Mund-zu-Nase. 
  2. Herzdruckmassage: Anschließend 30-mal mit einer Frequenz von 100- bis 120-mal pro Minute in der unteren Hälfte des Brustbeines drücken. Bei Erwachsenen und Kindern ab einem Jahr mit beiden Händen, bei Babys mit einem oder zwei Fingern drücken.
  3. Beatmen: Dann zwei Mal beatmen und wieder 30-mal drücken. Dies so lange fortführen, bis Hilfe eintrifft oder die Person Lebenszeichen zeigt, sich etwa bewegt oder die Augen öffnet.
Eine Frau leistet erste Hilfe bei einer Puppe.

Wiederbelebungsmaßnahmen bestehen aus der Herzdruckmassage und Beatmen.

Kinder nie alleine lassen, auch Erwachsene sollten zu zweit schwimmen gehen

Damit es nicht so weit kommt, sollte man Kinder in der Nähe eines Gewässers oder im Schwimmbad nie alleine lassen – das gilt genauso für Kinderplanschbecken. "Wenn Kleinkinder ertrinken, geschieht das meist lautlos. Auch in sehr niedrigem Wasser kann das passieren. Daher sollte man auch hier die Kinder nie aus den Augen lassen", betont Kellner. 

Selbst wenn viele Menschen in einem Schwimmbad sind, können Kinder unbemerkt untergehen. Schwimmhilfen wie Flügerl, Scheiben, Reifen, Schwimmnudeln oder Luftmatratzen ersetzen die Aufsichtspflicht nicht und schützen nicht vor dem Ertrinken. 

Auch Erwachsene sollte nicht alleine ins Wasser gehen. "Gehen Sie zu zweit oder mit mehreren Freunden ins Wasser. Sollte Ihnen etwas zustoßen, etwa ein Krampf, kann die zweite Person eingreifen", rät Amina Höfinger von der Wasserrettung des Samariterbund Österreichs. Nicht unterschätzt werden dürfe, dass der Körper Zeit benötigt, um sich an die Wassertemperatur anzupassen. Ist es etwa sehr heiß, sollte man nicht direkt ins kühle Wasser springen, da es sonst zu einem Kälteschock kommen kann: Die Adern verengen sich schlagartig und der Blutdruck steigt stark an. "Am besten abduschen, bevor man ins Wasser geht, und nur langsam ins Wasser hineingehen. Lassen Sie sich zu keinen Mutproben verleiten", so Höfinger. 

Zwei Mädchen schwimmen mit Schwimmbrettern im Wasser.

Schwimmbretter und andere Schwimmhilfen ersetzen die Aufsichtspflicht nicht.

Eigene Kraft und Ausdauer nicht überschätzen

Rasche Temperaturwechsel können den Kreislauf selbst junger, gesunder Menschen überfordern und im schlimmsten Fall zu Herzversagen führen. Generell sollte man sich nicht selbst überschätzen und seine Kondition berücksichtigen. Gehen Kraft und Ausdauer verloren, kann man sich mitten in einem See nicht ausrasten. Unter Alkoholeinfluss sollte man das Baden vermeiden. 

Wer einen privaten Schwimmteich oder ein Pool hat, sollte unbedingt einen kindersicheren Zaun anbringen, um unbeaufsichtigtes Baden von Kindern zu verhindern. Besonders wichtig sei, Kindern schon früh Schwimmen beizubringen, entweder selbst oder über Kurse. Letztere werden auch für Erwachsene angeboten, die Schwimmen lernen oder ihr Können verfeinern möchten. 

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