Erster Lockdown: "Dramatische Reduktion gynäkologischer Krebsdiagnosen"
Im ersten Lockdown im Frühjahr sind deutlich weniger gynäkologische Tumoren (z.B. Eierstock- oder Brustkrebs) diagnostiziert worden. Das geht aus einer österreichweiten Erhebung an den wichtigsten gynäkologischen Zentren hervor.
"Wir haben in dieser Erhebung eine deutliche Reduktion der diagnostizierten Erkrankungen gesehen", sagte Egon Marth, Leiter der Universitätsklinik für Frauenheilkunde an der MedUni Innsbruck, Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz der Firma Astra Zeneca. Im März 2020 betrug der Rückgang gegenüber dem März 2019 24 Prozent, im April und Mai war es ein Rückgang um 49 Prozent, jeweils zum Vergleichsmonat des Vorjahrs.
"Insgesamt ist uns aufgefallen, dass das mittlere Alter der diagnostizierten Patientinnen etwas jünger war, also eher die noch mobileren Patientinnen gekommen sind."
"Der erste Lockdown hat also zu einer dramatischen Reduktion der gynäkologischen Krebsdiagnosen geführt und es ist uns natürlich allen klar, dass nicht einfach weniger Erkrankungen vorhanden sind."
Die Ursachen lagen einerseits in einer Angst vor Arztpraxen und Krankenhäuser. Außerdem habe es eine Reduktion des Angebots von diagnostischen Möglichkeiten wie der Mammografie gegeben. Darüberhinaus war die Mobilität stark eingeschränkt, betonte Marth.
"Es scheint so zu sein, dass der zweite Lockdown deutlich glimpflicher verlaufen ist: Es gab zwar wieder eine Reduktion an Krebsneudiagnosen, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie beim ersten Lockdown." Zum dritten Lockdown gebe es noch nicht ausreichend Daten.
Zum Teil konnten die Verzögerungen bei den Diagnosen mittlerweile zwar wieder aufgeholt, aber "mit Sicherheit noch nicht zur Gänze kompensiert werden".
Die langfristigen Folgen könne man noch nicht vorhersagen, "aber man muss annnehmen, dass eine verspätete Diagnose natürlich bedeutet, dass dadurch mehr fortgeschrittene Tumoren diagnostiziert werden und die Prognose auch schlechter sein wird".
Patientinnen, die dringend eine Krebsoperation benötigt haben, hätten aber immer einen Operationstermin bekommen, auch im ersten Lockdown, betonte Marth. Verschoben wurden Eingriffe mit vielleicht zwar unangenehmen, aber nicht so dringenden gesundheitlichen Problemen, wo ein Aufschub möglich gewesen sei. Die positive Nachricht aber: "Die Operationskapazitäten sind bei uns in Tirol heute wieder bei 100 Prozent."
Egon Marth, aber auch der Prostatakrebsspezialist Gero Kramer von der MedUni Wien / AKH Wien betonten am Donnerstag, wie wichtig regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchungen sind. Das Pharmaunternehmen Astra Zeneca hat anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar die Initiative "New Normal, Same Cancer - Neuer Alltag, gleicher Krebs" gestartet. Damit soll Bewusstsein dafür geschaffen werden, auch in Zeiten einer Pandemie regelmäßig zur Vor- und zur Nachsorge zu gehen.
Unterstützt wird die Initiative von der Online-Patientinnenplattform selpers.com. Sie bietet kostenlose Schulungen zu den Themen Brust- und Eierstockkrebs an, zwei weitere - zur genetischen Testung und zum Prostatakrebs - sind in Entwicklung.
Spezielles Augenmerk legt die Kampagne auf Eierstock- und Prostatakrebs. Rund 10 bis 15 Prozent der Prostata- und Eierstockkrebserkrankungen sind erblich bedingt, ausgelöst durch genetische Veränderungen in einem der beiden Gene BRCA1 oder BRCA2. Durch eine genetische Untersuchung kann festgestellt werden, ob man Träger einer solchen Mutation ist. Dadurch können frühzeitig Maßnahmen gesetzt ewrden, um das Risiko, an Krebs zu erkranken, zu senken.
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