Erfolg für Moderna: mRNA-Impfstoff erzeugt Antikörper gegen HIV
Mit dem Durchbruch der mRNA-Impfstoffe sprachen viele Wissenschafter von einer neuen Ära in der Medizin: Mit der "Bauanleitung" für verschiedene Eiweiße, der Boten-Ribonukleinsäure, lassen sich neue Therapien und Impfungen gegen Krankheiten entwickeln. Hersteller wie Moderna und Biontech/Pfizer versetzen mittels mRNA körpereigene Zellen in die Lage, den Impfstoff oder andere Substanzen selbst herzustellen. Die mRNA-Impfstoffe enthalten nämlich den sogenannten Bauplan für einen bestimmten Bestandteil des Virus wie das Spike-Protein im Falle des Coronavirus.
Trotz jahrelanger Forschung gab es bisher keinen wirksamen Impfstoff gegen das HI-Virus, das Humane Immunschwäche-Virus, aus der Gattung der Lentiviren in der Familie der Retroviren. Seit Verbreitung des Virus in den Achtzigern starben rund 39 Millionen Menschen weltweit.
Eine HIV-Diagnose galt früher als Todesurteil. Heute lässt sich das Virus mit Medikamenten, die die Viruslast so weit senken können, dass sie im Körper nicht mehr nachweisbar ist, sehr viel besser kontrollieren. Seit einigen Jahren steht zudem eine "Präexpositionsprophylaxe" für HIV-Negative zur Verfügung, um sich vor einer Infektion zu schützen.
Neue Moderna-Studie
Bereits Anfang des Jahres gab der US-Pharmakonzern Moderna bekannt, gemeinsam mit der gemeinnützen International Aids Vaccine Initiative (IAVI) einen mRNA-Impfstoff gegen das HI-Virus zu entwickeln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten im Rahmen einer Phase-I-Studie eine Dosis des Vakzins an der George Washington University School of Medicine and Health Sciences erhalten.
Der Impfstoff soll Antikörper gegen die HIV-Infektion erzeugen, für die es keine Heilung gibt und die Krankheit Aids verursachen kann. Antikörper sind Proteine, die vom Immunsystem gebildet werden, um Infektionen zu bekämpfen. Es ist bekannt, dass breit neutralisierende Antikörper viele genetische Varianten von HIV neutralisieren, aber es war bisher schwierig, sie durch Impfung zu erzeugen.
Jetzt liegen vielversprechende Ergebnisse vor: Die Resultate deuten darauf hin, dass eine zweimalige Verabreichung des Impfstoffs im Abstand von acht Wochen eine Immunreaktion gegen HIV hervorrufen kann. 97 Prozent der gesunden Studienteilnehmer hatten nach der Impfung breit neutralisierende Antikörper - nur ein Studienteilnehmer der 36 Impflinge entwickelte keine Immunreaktion.
Diese durch den Impfstoff ausgelösten Immunreaktionen nahmen nach der zweiten Impfung zu, schreiben die Forscher.
Die Studie umfasste insgesamt 48 gesunde Erwachsene im Alter von 18 bis 50 Jahren. Den Studienteilnehmern wurden zwei Impfstoff-Dosen in den Armmuskel mit einem Abstand von acht Wochen verabreicht. 12 Studienteilnehmer erhielten zwei Dosen eines Kochsalz-Placebos.
Weltweit leben fast 38 Millionen Menschen mit dem HI-Virus (Humanes Immunschwäche-Virus). Die Österreichische AIDS Gesellschaft geht davon aus, dass es hierzulande etwa 9.000 mit HIV infizierte Personen gibt – das entspricht bei knapp 8,9 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern etwa 0,1 Prozent der Bevölkerung.
18 erhielten eine 20-Mikrogramm-Dosis des Impfstoffs und acht Wochen später eine gleich große Dosis des Impfstoffs mit einem Adjuvans, weitere 18 erhielten eine 100-Mikrogramm-Dosis des Impfstoffs und acht Wochen später eine gleichgroße Dosis des Impfstoffs mit einem Adjuvans (AS01B von dem Pharmaunternehmen GSK).
Impfstoff war gut verträglich
Der Impfstoffkandidat zielt auf die Keimbahn ab: Er soll die Produktion von breit neutralisierenden Antikörpern anregen, indem er auf die richtigen Antikörper produzierenden Zellen abzielt und diese stimuliert. "Zu lernen, wie man breit neutralisierende Antikörper gegen Krankheitserreger mit hoher Antigenvielfalt wie HIV, Influenza, Hepatitis-C-Virus oder die Familie der Betacoronaviren induzieren kann, stellt eine große Herausforderung für die Entwicklung rationaler Impfstoffe dar", schreiben die Forscher.
Bis auf ein Studienteilnehmer berichteten alle anderen über leichte oder mittelschwere Schmerzen an der Injektionsstelle, Unwohlsein oder Kopfschmerzen. In den meisten Fällen klangen diese Ereignisse innerhalb von ein oder zwei Tagen ab.
Die Ergebnisse wurden am Welt-Aids-Tag vergangene Woche im renommierten Fachmagazin Science veröffentlicht (Sie können hier den Artikel auf Englisch nachlesen). Es handelt sich zwar erst um eine Phase-I-Studie, aber die Ergebnisse der klinischen Studie für den HIV-Impfstoffkandidaten eOD-GT8 60mer (mRNA-1644) machen große Hoffnung im Kampf gegen Aids.
Eine Schlüsselfrage, die noch beantwortet werden muss, ist, wie lange die ausgelösten Antikörper anhalten.
Zukunft
"Als wir in der Vergangenheit Impfstoffe gegen HIV entwickelt und getestet haben, haben sie aus irgendeinem Grund nicht diese breit neutralisierenden Antikörper hervorgerufen", sagte Timothy Schacker, Vizedekan für Forschung an der medizinischen Fakultät der Universität von Minnesota, der nicht an der Studie beteiligt war. "Nennen Sie sie Super-Antikörper, wenn Sie wollen. Die breit neutralisierenden Antikörper arbeiten effizienter. Sie sind besser in der Lage, Dinge zu kontrollieren."
Durch den Nachweis, dass breit neutralisierende Antikörper durch einen Impfstoff induziert werden können, könnte diese neue Studie zur Entwicklung anderer Arten von Impfungen beitragen, nicht nur von HIV-Impfstoffen, so Schacker im Interview mit CNN.
"Die Hoffnung ist, dass man, wenn man diese Art von Immunität bei den Menschen hervorrufen kann, sie vor einigen dieser Viren schützen kann, gegen die wir bisher nur sehr schwer wirksame Impfstoffe entwickeln konnten", sagte er. "Dies ist also ein wichtiger Schritt nach vorn."
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