Covid: Der weltweite Wettlauf gegen Delta hat begonnen
Die erstmals in Indien nachgewiesene Delta-Variante des Coronavirus breitet sich weltweit aus: In der Vorwoche machte diese bereits einen Anteil von 25 Prozent von Österreichs Neuinfektionen aus. In wenigen Wochen könnte die Delta-Variante zu 90 Prozent das heimische Fallgeschehen dominieren.
Erst heute versicherte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein: "Die Impfungen ermöglichen uns jetzt Schritt für Schritt mehr Freiheiten. Damit wir diese auch über den Sommer in den Herbst tragen können, ist es wichtig, die Impfungen konsequent fortzuführen."
Blickt man allerdings über die Landesgrenzen so sieht es derzeit danach aus, als finde ein Wettlauf mit der Delta-Virus-Variante statt. Viele befürchten, dass die geplanten Lockerungen bald wieder zurückgenommen werden müssen.
Seit rund einer Woche steigen die Neuinfektionen in Israel, obwohl gut 55 Prozent der 9,3 Millionen Israelis bereits gegen das Coronavirus geimpft sind. Viele haben sich mit der aggressiveren Delta-Variante angesteckt. Das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie im deutschen Bremen zeigte sich angesichts der Entwicklung in Israel am Wochenende beunruhigt.
In Israel sind Kinder von Neuinfektionen besonders betroffen
Nach Untersuchungen des israelischen Gesundheitsministeriums haben rund 90 Prozent der Neuinfizierten die aggressivere Delta-Variante - und rund die Hälfte ist geimpft. Die meisten der Infizierten sind Kinder.
Es sei "in der Tat besorgniserregend", wenn trotz der hohen Impfquote "mit einem sehr gut wirksamen Impfstoff wieder Ausbrüche stattfinden", sagte der Epidemiologe Hajo Zeeb. Noch Mitte Juni wurden in Israel Corona-Neuinfektionen landesweit nur noch im einstelligen Bereich registriert. Die Regierung schaffte darauf fast alle Einschränkungen ab.
Wie in Österreich machte sich in Israel eine Aufbruchsstimmung breit. Doch vor rund einer Woche wurden erstmals seit April wieder mehr als 100 Neuinfektionen pro Tag nachgewiesen. Am Donnerstag stieg die gemeldete Zahl auf 227.
Am Freitag führte die Regierung schließlich wieder eine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen ein. Ministerpräsident Naftali Bennett warnte bereits zuvor vor einem "neuen Ausbruch" des Coronavirus im Land.
Die steigende Zahl an Infizierten geht offenbar vor allem auf Menschen zurück, die infiziert aus dem Ausland zurückkommen und sich nicht an die Quarantäne-Auflagen halten. "Die Einhaltung der Quarantäne ist unsere Achillesferse", sagte der Corona-Beauftragte Nachman Asch dem israelischen Fernsehen. "Quarantäne-Brecher sind das Problem von uns allen - auf diese Weise breitet sich die Krankheit im Moment aus."
Moskau meldete die höchste Zahl von Todesopfern seit Beginn der Pandemie
Aber nicht nur in Israel herrscht Ausnahmestimmung: In Moskau werden nach Angaben von Bürgermeister Sergej Sobjanin derzeit täglich 2.000 Infizierte in die Krankenhäuser eingeliefert. Am Sonntag vermeldeten die Behörden 144 Todesopfer innerhalb von 24 Stunden - das ist die höchste Zahl in einer russischen Stadt seit Beginn der Pandemie.
In ganz Russland wurden am Sonntag 599 Todesfälle registriert. Die Behörden meldeten zudem 20.538 Neuinfektionen. Vor allem aufgrund der Ausbreitung der besonders ansteckenden Delta-Variante waren die Infektionszahlen zuletzt wieder stark angestiegen.
Angesichts des dramatischen Anstiegs der Infektionen mit der Delta-Variante traten in der russischen Hauptstadt Moskau am Montag verschärfte Pandemie-Bestimmungen in Kraft. Unternehmen müssen die Anzahl ihrer Mitarbeiter im Büro um 30 Prozent reduzieren. Geimpfte Mitarbeiter sind davon ausgenommen.
Zudem müssen alle Arbeitnehmer über 65 Jahre sowie diejenigen mit Vorerkrankungen von zu Hause aus arbeiten.
Die Stadt führt ab Montag auch einen "Anti-Covid-Pass" für das Ausgehen ein. Dieser erlaubt nur Bewohnern den Zutritt zu Restaurants, die geimpft wurden, in den vergangenen sechs Monaten krank waren oder einen aktuellen negativen PCR-Test vorweisen können.
Sydney wird für mindestens zwei Wochen abgeriegelt
Auch das Vorzeigeland Australien kämpft gegen Delta an. Im Großraum Darwin im Norden des Landes gilt seit Sonntag für zwei Tage ein "voller Lockdown", teilte die Regionalregierung mit. Dort wurden mehrere Menschen positiv getestet, nachdem sich ein Bergarbeiter vermutlich bei einer Übernachtung in einem Quarantäne-Hotel an der Ostküste infiziert hatte. Knapp 200 Menschen befinden sich nun in Isolation.
Auch für die westaustralische Millionenstadt Perth ordneten die Behörden Beschränkungen an. Dort gelten seit Sonntag zunächst für drei Tage Kontaktbeschränkungen und Maskenpflicht. Zuvor war eine Frau aus Perth nach einer Reise nach Sydney positiv getestet worden.
In dem Land mit rund 25 Millionen Einwohnern meldeten die Behörden bisher mehr als 30.000 Infektionen. 910 Menschen starben mit dem Virus.
Seit Samstagabend ist die größte Stadt des Landes, Sydney, wegen der Ausbreitung von Delta für mindestens zwei Wochen abgeriegelt. Mehr als fünf Millionen Menschen sind von den Einschränkungen betroffen.
Ferienzeit ist ein schlecht kontrolliertes Fenster
Am Wochenende hatte Molekularbiologe Ulrich Elling mit Blick in Richtung Herbst gesagt, dass Österreich alles tun müsse, um die Infektionen mit der ansteckenderen Variante niedrig zu halten und das "Wettrennen mit der Impfung zu gewinnen".
Laut einer britischen Studie ist der Biontech-Impfstoff zwei Wochen nach der zweiten Dosis zu 88 Prozent wirksam gegen eine durch Delta ausgelöste symptomatische Covid-19-Erkrankung. Das Astra Zeneca-Vakzin hat demnach eine 60-prozentige Wirksamkeit gegen die Delta-Variante.
Man müsse verhindern, dass einmal Geimpfte andere anstecken. Der Wissenschafter schlug daher vor, die Testpflicht für alle jene beizubehalten, die noch keine Zweitimpfung haben.
Die Ferienzeit betrachtet Elling als "schlecht kontrolliertes Fenster, denn wir werden erst wissen, was die Menschen aus dem Urlaub mitbringen, wenn sie wieder da sind".
Vor einer breiteren Eskalation schützen Österreich die schon beträchtliche Impfrate, die hohe Impfstoffverfügbarkeit, der größer als erhoffe saisonale Effekt und die vor der Tür stehenden Schulferien, da Delta in England vor allem in Schulklassen übertragen wird.
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