Risiken und Faktoren werden erörtert
„Depressionen und Angststörungen sind häufiger, als man denkt“, sagt Johannes Wancata. Er leitet an der MedUni/im AKH Wien die Klinische Abteilung für Sozialpsychiatrie. Schon naturgemäß beschäftigt er sich als Sozialpsychiater intensiv mit den sozialen Risiken und Faktoren für psychische Erkrankungen. Sie stehen ab heute, Donnerstag, auch im Zentrum des großen Weltkongresses für Psychiatrie, der bis 1. Oktober im Wien Austria Center stattfindet. Übrigens erstmals wieder seit 40 Jahren. 4.000 Teilnehmer sind akkreditiert.
In Österreich ist rund ein Viertel der Bevölkerung mindestens einmal pro Jahr von einer psychischen Beeinträchtigung betroffen. Große Krisen wie Pandemie, Ukraine-Krieg oder Teuerungswelle begünstigen zwar generell eine depressive Stimmung. Ob sie tatsächlich ein möglicher Auslöser für die Zunahme psychischer Erkrankungen sind, wird am Kongress erörtert.
Herausforderungen in jeder Lebensphase
Ebenso diskutieren die Experten, welchen Anteil persönliche Herausforderungen in den unterschiedlichen Lebensphasen haben. Denn jede Altersgruppe hat „ihre“ Themen und Auslöser – sogar Frauen und Männer unterscheiden sich. „Bei Frauen lösen vor allem zwischenmenschliche Spannungen eine Depression aus, bei Männern sind es häufig Job- oder Partnerschaftsverlust“, sagt Wancata. Besonders bei Männern überlagern zudem Reizbarkeit oder Aggressivität klassische Symptome.
➤ Mehr lesen: Studie der Uni Innsbruck: Haare können Depression anzeigen
Junge Menschen sind anders belastet
Jugendlichen und jungen Erwachsenen machten hingegen die Einschränkungen des sozialen Lebens durch Lockdowns zu schaffen. Wenig überraschend, zumal die sozialen Kontakte in diesem Alter besonders wichtig sind. Bei älteren Menschen ist es anders. „Auch wenn sie alleine sind, ist das in der Regel weniger ein Auslöser für eine Depression“, sagt Wancata. Ihnen falle es aber noch immer schwer, über psychische Erkrankungen zu reden.
➤ Mehr lesen: Diese 7 Faktoren reduzieren das Risiko für Depression
Hilfe annehmen lernen
Bei Jüngeren sei dies nicht mehr derart tabuisiert. Allerdings noch immer viel zu oft: „Ich betone ausdrücklich, dass niemand etwas für die Entwicklung einer psychischen Erkrankung kann und sich daher auch nicht dafür zu schämen braucht.“ Der Mediziner appelliert, sich bereits früh Hilfe zu suchen. „In den meisten Fällen lassen sich psychische Erkrankungen auch gut behandeln.“
Mit Stress besser umgehen lernen
Das müssen nicht immer sofort Medikamente sein. Die persönlichen sozialen Faktoren genauer zu berücksichtigen kann eine wesentliche Rolle spielen, um aus einem Tief herauszukommen. Wancata erwähnt etwa den Faktor Stress, der Depressionen, aber auch Angststörungen begünstigen kann. „Bereits einfache Interventionen, die zeigen, wie mit Stress umgegangen werden kann, sind sehr wichtige Präventionsmaßnahmen, um die Entwicklung einer psychischen Störung zu verhindern.“
Kommentare