Covid beim EM-Finale: WHO-Expertin entsetzt über Zehntausende feiernde Fans
Mehr als 60.000 Zuschauer waren beim Finale der Europameisterschaft am Sonntagabend live im Londoner Wembley-Stadion dabei. Dieser Anblick sei "verheerend", meinte Maria Van Kerkhove von der Weltgesundheitsorganisation WHO. "Muss ich es genießen, die Übertragung (des Virus, Anm.) mit meinen eigenen Augen zu sehen?", twitterte sie in einer späten Phase des Spiels.
Die Epidemiologin sagte, sie sei am Boden zerstört gewesen, als sie am Sonntag beim Fußballfinale der Euro 2020 in London unmaskierte Menschenmengen singen und schreiend gesehen habe, und äußerte Bedenken, dass dies die Verbreitung von SARS-CoV-2 ankurbeln würde.
"Keine Pause"
Großbritannien steht vor einer neuen Covid-19-Welle, die von der infektiöseren Delta-Variante angetrieben wird – trotz einer der höchsten Impfraten der Welt. Hinzu kommt, dass am 19. Juli, also in einer Woche, die meisten der noch geltenden Coronavirus-Maßnahmen aufgehoben werden.
Die WHO hält sich normalerweise mit Kommentaren zur Politik einzelner Nationen zurück. Doch der Fußballabend ließ diese Regel aufweichen. "Die #Covid19-Pandemie macht heute Abend keine Pause", twitterte Van Kerkhove weiter. Für die Ausbreitung der Delta-Variante seien ungeimpfte Menschen auf engem Raum ideal.
Singende Fans in Londons Zentrum
Das Finale hatte neben den eigentlichen Zuschauern auch Zehntausende Fans in die Stadt gelockt, die im Zentrum Londons feierten. Der britische Premierminister Boris Johnson verteidigte Anfang des Monats die Entscheidung, mehr als 60.000 Menschen im Stadion teilnehmen zu lassen. Es werde auf "sorgfältige und kontrollierte Weise" stattfinden, so Johnson. Alle Teilnehmer mussten sich einem Test unterziehen. Die Impfstoffe hätten laut Johnson eine "erhebliche Mauer der Immunität" geschaffen.
Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC hatte bereits vergangene Woche im Zusammenhang mit der Fußball-EM mehr als 2500 Corona-Infektionen gezählt. In der dritten Turnierwoche der Europameisterschaft sei ein erheblicher Anstieg im Vergleich zur Woche davor zu verzeichnen gewesen, bestätigte die EU-Agentur auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Infektionsfälle in sieben Ländern ließen sich mit der EURO in Verbindung bringen, sagte die zuständige Direktorin Vicky Lefevre.
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