Coronavirus: Großbritannien testet Impfstoff
Nicht nur die Deutschen, auch die Briten starten jetzt eine klinischen Studie: Ein Covid19-Impfstoff wurde am Jenner Institute in Oxford entwickelt, wie der britische Gesundheitsminister Matt Hancock mitteilte. Großbritannien hatte die Entwicklung des Impfstoffs mit 20 Millionen Pfund (22,6 Millionen Euro) aus staatlichen Mitteln mitfinanziert. Das Londoner Imperial College hatte weitere 22,5 Millionen Pfund (24,5 Millionen Euro) erhalten.
Die Wissenschaftler haben sich auf Arbeiten mit dem MERS-Coronavirusstamm gestürzt. Professor Andrew Pollard vom Oxford Vaccine Centre sagte, das bedeute, dass "diese neuen Impfstoffe als Ergebnis sehr schnell hergestellt werden könnten". Pollard gehört einem Team an, das im Jänner mit der Entwicklung des Impfstoffs begonnen hatte.
510 Personen zwischen 18 und 55
Der Impfstoff soll an bis zu 510 Personen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren getestet werden. Freiwillige erhalten zwischen 190 und 625 Pfund für ihre Teilnahme.
Die britische Regierung wird nach Hancocks Angaben auch in Produktionskapazitäten investieren, um den Impfstoff in ausreichenden Mengen herzustellen.
Schweiz will ab Oktober impfen
In China wird bereits seit März ein Impfstoff an Menschen getestet. Und der Schweizer Immunologe Martin Bachmann hat nach eigenen Angaben einen Impfstoff-Kandidaten gegen Corona entwickelt, der nach erfolgreichen Prüfungen möglicherweise noch in diesem Jahr zum Einsatz kommen könnte. Der Forscher des Universitätsspitals Bern will die nötigen Studien und Genehmigungsverfahren so schnell durchlaufen, dass er schon im Oktober Massenimpfungen in der Schweiz für möglich hält. Die Aufsichtsbehörde Swissmedic bestätigte Gespräche mit Bachmann und anderen Forschern, die an Wirkstoffen gegen Sars-CoV-2 arbeiten.
Optimistischer Zeitplan
„Der Zeitplan ist äußerst optimistisch, aber er ist nicht komplett an den Haaren herbeigezogen“, sagte Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi der Deutschen Presse-Agentur. „Angesichts der Dringlichkeit, die die Coronavirus-Pandemie mit sich bringt, sprechen wir beim Zulassungsverfahren von Wochen, nicht von Monaten.“ Wenn alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt würden, sei eine Entscheidung vor Ende des Jahres möglich. Eine erste kleine Erprobung am Menschen - eine sogenannte Phase-I-Studie - soll Bachmann zufolge im Juli starten. An nur wenigen Teilnehmern wird dabei zunächst die Sicherheit und allgemeine Verträglichkeit getestet.
Prozesse beschleunigen
„Wir halten uns an alle Auflagen, wir beschleunigen die Prozesse nur“, sagte Bachmann. Der Swissmedic-Sprecher bestätigte, dass in begründeten Fällen, etwa wenn es um lebensbedrohliche Krankheiten wie Covid-19 gehe, befristete Zulassungen schon vor Abschluss der klinischen Studien erteilt werden könnten. Die Studien selbst müssen aber auch genehmigt werden. Das allein brauche zwar sonst Wochen, könne aber in dieser besonderen Situation innerhalb von Tagen erfolgen, hieß es.
Drei Phasen
Erst die Studienergebnisse der insgesamt drei Phasen werden zeigen, ob sich der Impfstoff-Kandidat als hinreichend wirksam erweist und ob er frei von nicht akzeptablen oder gar gefährlichen Nebenwirkungen ist. Bachmann setzt auf ein Verfahren mit virenähnlichen Partikeln, die im Körper eine Abwehrreaktion auf den neuen Erreger auslösen sollen. Damit wäre das Immunsystem gewappnet, im Ernstfall bei einer Infektion die eindringenden Viren erfolgreich abzuwehren. Mit virenähnlichen Partikeln funktionieren auch die Impfstoffe gegen das Papilloma-Virus (HPV), das Gebärmutterhalskrebs auslösen kann, und Hepatitis B.
80 Impfstoff-Projekte allein in Deutschland
Seit Ausbruch der Covid-19-Epidemie sind nach Angaben des Verbands forschender Arzneimittelhersteller in Deutschland mindestens 80 Impfstoffprojekte angelaufen, vier Wirkstoffe werden demnach bereits in klinischen Studien in China und den USA getestet.
In Deutschland werden nach Angaben von PEI-Präsident Klaus Cichutek in diesem Jahr voraussichtlich insgesamt vier klinische Studien mit einem Impfstoffkandidaten starten. Dass bereits in diesem Jahr ein erster zugelassener Impfstoff für die allgemeine Bevölkerung bereit steht, hält Cichutek für unwahrscheinlich.
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