Eine schnelle, vielleicht nicht ganz so genaue Gruppentestung versus einer möglichst „wasserdichten“ Einzeltestung: Das ist das Spannungsfeld, in dem sich die Diskussion um die Zukunft der Teststrategien weltweit befindet. „Man muss unterscheiden: Das eine ist die medizinische Diagnostik von Personen mit Gesundheitsproblemen, bei der wir keine Kompromisse eingehen können“, sagt Ivo Steinmetz vom Diagnostik- und Forschungsinstitut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin der MedUni Graz.
„Das andere sind Situationen, in denen man sich einen Überblick über die Virusverbreitung in bestimmten Gruppen, etwa unter Schülern, verschaffen will. Hier kann man kleine Kompromisse akzeptieren.“
Schon derzeit werden die Systeme laufend verbessert (Erkennungsrate, Geschwindigkeit, etc.), neue Methoden stehen vor einem breiten Einsatz:
Einfachere Probenentnahme: Dazu zählt der PCR-Gurgeltest, in den USA erhielt kürzlich ein Speicheltest eine Notfallzulassung. Einmal pro Monat sollen rund 15.000 Schüler getestet werden. „Der Gurgeltest ist eine interessante Alternative, aber seine Sensitivität muss mit Daten belegt werden“, sagt Harald Renz, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin. „Die Ergebnisse sind absolut mit dem Nasen-Rachen-Abstrich vergleichbar. Das zeigen unsere Daten, die wir veröffentlichen werden“, betont Mikrobiologie Michael Wagner von der Uni Wien, einer der Entwickler. Es gebe auch keine Tendenz in die eine oder andere Richtung: "Wir haben auch Testpersonen mit einer deutlich höheren Viruskonzentration im Gurgelat im Vergleich zum Abstrich - und umgekehrt auch."
„Das Konzept ist gerade für Schulen sinnvoll, es muss aber der gesamte Test gründlich validiert sein“, sagt Gregor Hörmann (Österreichische Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie).
Pool-Testung: Nach der Frankfurter Pooling-Strategie wird nicht jede Probe einzeln untersucht, sondern etwa fünf oder zehn gemeinsam in einer Sammelprobe. Nur bei einem positiven Ergebnis (Virusnachweis) müssen dann Proben in einem zweiten Durchgang einzeln untersucht werden. Das spart Kosten und Chemikalien. Allerdings verringert sich die analytische Genauigkeit etwas, „aber für das Aufspüren von infektiösen Personen ist das nicht relevant. Die finden wir trotzdem ganz leicht“, unterstreicht Wagner.
PCR-Testgeräte: vor Ort Kleine, tragbare PCR-Analysegeräte ermöglichen eine dezentrale Auswertung. Allerdings sind die Ergebnisse teilweise noch weniger genau als in großen Labors. Steinmetz und sein Team haben übrigens einen neuen PCR-Test überprüft und nachgewiesen, dass dieser nicht sensitiv genug ist, um eine Infektion mit SARS-CoV-2 verlässlich nachzuweisen. „Jeder neue Test muss geprüft werden.“ Und: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Qualitätskriterien, die erfüllt werden müssen, um Covid-19-Diagnostika auf den Markt zu bringen, dringend präzisiert werden müssen."
PCR-ähnliche Schnelltests: Auch hier wird das Virus-Erbgut vermehrt, aber im Gegensatz zur PCR in einem einfacheren Verfahren mit einer konstanten Temperatur statt wechselnden Temperaturzyklen, erklärt Hörmann. Österreichische Forscher haben dieses Verfahren weiterentwickelt. In nur 30 statt sonst rund 60 bis 90 Minuten ist ein Virusnachweis möglich. Großbritannien etwa will auf solche Tests setzen.
Antigen-Tests: Hier wird nicht das Erbmaterial der Viren nachgewiesen, sondern Teile ihrer Oberflächeneiweiße. Weltweit treten Forscher und Politiker ein, mehr auf diese Methode zu setzen, die innerhalb von 15 Minuten ein Ergebnis liefern kann. Manche benötigen ein mobiles Analysegerät, andere sollen so einfach sein wie ein Schwangerschaftstest. Allerdings sind diese Tests derzeit noch wesentlich ungenauer als PCR-Tests. „Die Welt wartet auf sehr gute Antigentests“, sagt Steinmetz. „Bis jetzt kenne ich noch keine valide Studie dazu, aber ich hoffe, dass wir noch heuer gute Daten bekommen.“ Ähnlich auch der deutsche Labormediziner Renz: "Antigen-Tets wären eine tolle Alternative. Die Tests als solche sind gar nicht so schlecht, aber in Bezug auf ihre Sensitivität (zeigt an, wie viele Infizierte auch als solche entdeckt werden, Anm.) und Spezifität (gibt die Wahrscheinlichkeit an, dass tatsächlich Gesunde auch als gesund erkannt werden, Anm.) braucht es einfach noch größere Personenkollektive, an denen die Tests überprüft werden, bevor wir da zu einem aussagekräftigen Ergebnis kommen."
Pool-Tests: Niedrigere Kosten für Gruppen
Kurz vor ihren Ferienlagern ließen erste Vereine Kinder durchtesten wie Profi-Sportler. Die Corona-Konzepte müssen sie trotzdem einhalten, aber so erhöht sich die Chance, Covid-19-Patienten herauszufiltern. Finanziell und organisatorisch ist das nur durch Pool-Testungen machbar, die Abstriche werden direkt beim Verein abgenommen und gruppenweise ausgewertet. Sport Austria etwa hat mit dem Labor Vidotto ein Paket für Vereine geschnürt: Sind alle negativ, kostet eine Fünfer-Gruppe 145 Euro.
Sind Pool-Tests eine Option für den Schulstart? Diagnostikerin Susanne Spitzauer von Labors.at ist skeptisch: „Da sind viele Fragen offen, etwa wer getestet wird und wer die Abstriche und Administration macht. Bei Firmen und Vereinen wird das extra organisiert.“
Kommentare