Buettner hat den Begriff der blauen Zonen Anfang der 2000er-Jahre geprägt und ihn sich schützen lassen. In der Altersforschung ist er umstritten, erklärt Thomas Dorner, Leiter der Akademie für Altersforschung am Haus der Barmherzigkeit in Wien. "Es wird kontrovers diskutiert, ob es sich um eine zufällige Häufung handelt oder ob etwa Todesfälle nicht gemeldet werden. Es dürfte aber schon etwas dahinterstecken, dass Menschen dort tatsächlich sehr alt werden", sagt Dorner.
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Vier Faktoren für ein langes Leben
Die Gründe dafür sind vielfältig und lassen sich nicht allein durch genetische Faktoren erklären. Dorner führt ein langes Leben auf vier Lebensstilfaktoren zurück, die wissenschaftlich untersucht sind:
- Ernährung
- regelmäßige körperliche Aktivität
- sinnstiftende Beschäftigungen
- soziale Unterstützung
Hinsichtlich Ernährung lassen sich laut Dorner vor allem drei Empfehlungen aus Studien ableiten: Erstens sollten wir weder zu viel noch zu wenig essen, sondern etwa so viel, wie wir verbrauchen. "Zweitens sollte die Ernährung farbenfroh sein mit einem Schwerpunkt auf Gemüse und ein bisschen Obst, denn in den natürlichen Farbstoffen sind sekundäre Pflanzenstoffe enthalten, die Entzündungen entgegenwirken. Wer viel Gemüse konsumiert, nimmt viele Ballast- und Nährstoffe zu sich."
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Und drittens: eine ausreichende Eiweißzufuhr. "Beispiele für pflanzliche Eiweißquellen sind etwa Hülsenfrüchte, es können aber auch tierische Quellen wie Milchprodukte und Eier sein." Die Bewohner der Blue Zones ernähren sich großteils mediterran und essen wenig Fleisch. Allen gemeinsam ist, dass Süßigkeiten und verarbeitete Lebensmittel kaum Platz finden. Vielmehr sind die Speisen regional, saisonal und frisch zubereitet.
Mäßiger Alkoholkonsum teils verbreitet
Auch mäßiger Alkoholkonsum ist in den blauen Zonen teilweise verbreitet. Auf die Frage Dan Buettners, welchen Tee man täglich trinken solle, antwortet etwa eine griechische Hochbetagte in der Doku: "Wein." Dorner erklärt dazu: "Es gibt viele Studien, die zeigen, dass mäßiger Alkoholkonsum sich positiv auf die Gesundheit auswirkt. Zu einem kleinen Teil stimmt das, ein größerer Teil wird durch soziale Faktoren erklärt, da man meist nicht alleine trinkt und es eher die Gesellschaft ist, die sich positiv auswirkt."
Starker Zusammenhalt mit Familie und Freunden
Generell ist soziale Unterstützung neben der Ernährung ein weiterer Faktor, der Menschen gut altern lässt. In Blue Zones Dörfern gibt es meist starken Zusammenhalt. Viele der Hochbetagten in der Doku haben eine Familie, die sich um sie kümmert, oder gehen gemeinsamen Aktivitäten mit anderen nach wie regelmäßiges Singen oder Festivitäten.
Für die ebenfalls für gutes Altern notwendige körperliche Bewegung und für sinnstiftende Aktivitäten ist die soziale Unterstützung zentral. "Gerade im Alter macht man Bewegung nicht gerne alleine, sondern es braucht oft die soziale Komponente", erklärt Dorner. In Loma Linda, Kalifornien, wo besonders viele Siebenten-Tags-Adventisten leben, gibt es etwa gemeinsame Tennisspiele oder Spaziergänge.
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Wie man körperlich fit bleibt
Wer im Alter ähnlich fit sein möchte, sollte sich laut Dorner an die Empfehlung der WHO halten: mindestens 150 bis 300 Minuten Ausdauerbewegung bei mittlerer Intensität pro Woche. Grundsätzlich können dabei 20 Minuten Bewegung mit mittlerer Intensität durch 10 Minuten Bewegung mit höherer Intensität ersetzt werden. "Je älter man wird, desto wichtiger ist die Muskelaktivität, da man mit dem Alter Muskelmasse verliert und hier gegensteuern kann, etwa mit Krafttraining zweimal pro Woche."
Der vierte Faktor für ein langes Leben ist eine sinnstiftende Tätigkeit – im Beruf, aber auch in der Pension, etwa ein Hobby, die Beschäftigung mit der Familie oder Religion. In Loma Linda wird etwa viel Wert auf gemeinnütziges Engagement gelegt, in Okinawa gehen die meisten Hundertjährigen täglicher Arbeit nach, etwa im Gemüsegarten. "Sinnhaftigkeit spielt in wirklich allen gängigen Konzepten der Gesundheitsförderung eine Rolle. Gerade ältere Menschen und Hochbetagte brauchen das Gefühl, einen Platz in der Welt zu haben und für jemanden oder etwas wichtig zu sein", sagt Dorner.
Der Altersforscher geht davon aus, dass Hochbetagte in Europa künftig mehr werden. Um das Alter gesund genießen zu können, könne der Blick in die Blue Zones durchaus helfen.
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