Bisher teurer Bluttest für Schwangere in Deutschland kostenlos
Ab Juli 2022 ist für Schwangere in Deutschland der nicht-invasive Pränataltest auf Trisomien eine Kassenleistung. Dazu wird der werdenden Mutter Blut abgenommen und die DNA des ungeborenen Kindes untersucht. Die sogenannte zellfreie fetale DNA-Analyse kann das Risiko für Trisomie 13, 18 und 21, auch bekannt als Down-Syndrom, zuverlässiger als bisherige Tests bestimmen. Diese drei zählen zu den klinisch wichtigsten Trisomien - es kommt zu einer Veränderung des Erbguts, bei der ein Chromosom dreifach statt zweifach in Körperzellen vorliegt.
Das Verfahren ist aber kostspielig – in Deutschland liegen die Kosten bei 170 bis 300 Euro, hierzulande je nach Anbieter zwischen 500 und 800 Euro. Die Methode ist sehr aufwändig, viele Labors in Österreich schicken die Proben ins Ausland, etwa nach Deutschland, was zum Kostenunterschied zwischen den Ländern beiträgt.
Ab der zehnten Woche möglich
Die Leistung soll für Patientinnen in Deutschland künftig kostenlos sein, wenn sich aus anderen Untersuchungen ein Hinweis auf eine Trisomie ergeben hat, zum Beispiel nach dem Screening im ersten Drittel der Schwangerschaft, oder wenn eine Frau gemeinsam mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin zu der Überzeugung kommt, dass der Test in ihrer persönlichen Situation notwendig ist, heißt es in einem Fact Sheet des deutschen Science Media Center (SMC). Möglich ist der Test ab der zehnten Schwangerschaftswoche.
Laut SMC beträgt das Risiko für Trisomie 21 für das Kind einer 35-jährigen Mutter 1:249. Statistisch gesehen heißt das: Etwa vier von 1.000 35-jährigen Müttern bringen ein Kind mit Trisomie 21 zur Welt. Das Risiko für eine Trisomie steigt mit dem Alter der Eltern. Bei einer 40-jährigen Mutter beträgt das Risiko 1:68.
Mehrere Testmöglichkeiten
Ob eine Trisomie vorliegt, kann auf verschiedene Arten während der Schwangerschaft festgestellt werden. Zwischen der elften und 14. Schwangerschaftswoche kann in der freiwilligen Nackentransparenzmessung das Kind auf Hinweise untersucht werden. Dazu werden drei Werte einbezogen: die Transparenz des Nackens des Ungeborenen im Ultraschall (Nackenfaltenmessung), der Blutwert des Hormons beta-hCG sowie des Proteins PAPP-A.
90 Prozent der tatsächlichen Trisomie-Fälle werden durch dieses Verfahren erkannt – drei bis fünf Prozent werden aber falsch-positiv diagnostiziert. Wird bei der Nackenfalte ein erhöhtes Risiko für eine Trisomie festgestellt, kann eine invasive Diagnostik, meist eine Fruchtwasser- oder Plazentapunktion, in Anspruch genommen werden. Diese Verfahren bergen allerdings Risiken für Kind und Mutter.
Der DNA-Test über das Blut der Mutter ist hingegen eine nicht-invasive Methode, bei der die freien fetalen DNA-Bestandteile der Chromosomen 13, 18 und 21 im Blut gezählt werden. Benötigt wird nur eine Blutprobe der Mutter. "Wenn mehr Anteile des jeweiligen Chromosoms vorhanden sind als normalerweise erwartet werden und die Mutter selbst keine Veränderungen des Chromosomensatzes hat, müssen die zusätzlichen DNA-Bruchstücke des Chromosoms vom Kind stammen. Das bedeutet: Bei dem Kind liegt zusätzlich zu den zwei üblichen ein drittes Chromosom vor, man spricht von einer Trisomie", heißt es beim SMC.
Österreich: Keine Kostenübernahme
Auch das Geschlecht kann bei dieser Blutabnahme bereits bestimmt werden – über Ultraschall ist es zu diesem Zeitpunkt der Schwangerschaft meist noch nicht eindeutig möglich. Manche Anbieter können zudem weitere genetisch bedingte Erkrankungen feststellen.
Durch die Übernahme der Kosten für das Verfahren soll die Zahl invasiver Verfahren reduziert werden, zudem werden mehr der tatsächlich betroffenen Kinder erkannt.
In Österreich übernehmen die Krankenkassen derzeit keine Kosten für die Pränataldiagnostik. Nur bei begründeten Risikoschwangerschaften, etwa bei einer genetischen Vorbelastung in der Verwandtschaft ersten Grades, können die Kosten für ein Ersttrimesterscreening und/oder invasive Diagnostik übernommen werden.
Der Bluttest ist nicht kostenlos. In anderen Ländern werden die Kosten für das nicht-invasive Verfahren übernommen, wenn gewisse Risikowahrscheinlichkeiten erfüllt sind. In der Schweiz etwa ab einem mittleren Risiko von 1:1000, in Dänemark bei mindestens 1:3000, in Großbritannien ab einem Risiko von mindestens 1:150.
Ethisch umstritten
"Es ist zu begrüßen, dass deutsche Krankenkassen bei bestimmten Risikofällen die Kosten übernehmen. Das wäre auch in Österreich zu befürworten", betonte Christiane Druml, Vorsitzende der Österreichischen Bioethikkommission, in einem früheren Gespräch mit dem KURIER. "Und der risikolose Bluttest anstelle von invasiven Verfahren zur Diagnostik kann Leben retten, weil er Fehlgeburten verhindert."
Es dürfe aber kein Druck auf Eltern entstehen, die sich für ein Kind mit Trisomien entscheiden. Weltweit leben etwa fünf Millionen Menschen mit dem Down-Syndrom, in Österreich sind es rund 9.000.
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