Unbegründet: Sorge um Fruchtbarkeit verhindert Impf-Stich
Der Physiker und Wissenschaftspublizist Florian Aigner formulierte es am Wochenende auf Twitter zugespitzt: "Nein, die Covid-Impfung macht NICHT unfruchtbar!" Offenbar halte dieses Gerücht junge Frauen und Männer nach wie vor davon ab, sich immunisieren zu lassen, schreibt Aigner weiter. Die Angst sei verständlich, "aber da ist nichts dran".
Aigners Aussage deckt sich unter anderem mit Statements des deutschen Robert Koch-Instituts (RKI). Auf der Homepage der biomedizinischen Behörde heißt es: "Auch Frauen mit Kinderwunsch können sich gegen COVID-19 impfen lassen. Die verfügbaren COVID-19 Impfstoffe wurden an Erwachsenen – auch Frauen mit Kinderwunsch – getestet und für sicher und wirksam befunden."
Die Aussage, dass die Impfung die Fruchtbarkeit beeinträchtigen könne, sei "falsch". In den umfangreichen klinischen Zulassungsstudien gebe es "keine Hinweise auf das Auftreten von Unfruchtbarkeit".
Verdächtiges Protein
Doch worin wurzelt die kursierende Fehlinformation eigentlich? Beim RKI erklärt man die Entstehung des Gerüchts folgendermaßen: Die fehlerhafte Theorie beruhe darauf, "dass das Protein, welches von den entwickelten mRNA-Impfungen kodiert wird, strukturell ähnlich ist wie ein Protein, das für die Fruchtbarkeit wichtig ist".
Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna regen menschliche Körperzellen an, Proteine zu produzieren, die der Oberfläche der Coronaviren – sogenannten Spikes – ähneln. Damit wird auch die körpereigene Immunantwort stimuliert, Antikörper gegen die Coronaviren zu bilden.
"Das Corona-Spike-Protein besteht aus 1.273 Aminosäuren", heißt es auf der Homepage der Universität Jena dazu. Dort haben sich Forschende den Unfruchtbarkeitsmythos genauer angesehen. "Im Corona-Spike-Protein enthalten ist unter anderem die Sequenz VVNQN, die aus fünf Aminosäuren besteht. Eine ähnliche, aber nicht identische Sequenz aus fünf Aminosäuren, die Sequenz VVLQN, befindet sich im Protein Syncytin-1. Syncytin-1 ist ein Protein aus 538 Aminosäuren, das in der menschlichen Plazenta gebildet wird, und somit eine Strukturähnlichkeit von etwa 0,75 Prozent mit dem Corona-Spike-Protein aufweist."
Tatsächlich beschränke sich diese Ähnlichkeit jedoch auf wenige Abschnitte des Proteins. "Solche Ähnlichkeiten treten jedoch sehr häufig auf und sind nicht spezifisch für die Covid-19-Impfung", so das RKI.
Covid-19 macht nicht unfruchtbar
Eine relevante Analogie, die auch Aigner auf Twitter thematisiert: Wäre einer solche Ähnlichkeit ausschlagend für Unfruchtbarkeit, dann würde eine Corona-Infektion bzw. Covid-19-Erkrankungebenfalls unfruchtbar machen. Dies wurde jedoch weltweit nicht beobachtet, wie die Studie der Universität Jena belegt.
Das deutsche Paul-Ehrlich-Institut bewertet die Sicherheit der Impfungen in Bezug auf den derzeitigen Stand der Wissenschaft so: "Mit dieser Datenlage ist im Rahmen einer Arzneimittelzulassung die bestmögliche Sicherheit für den Ausschluss von Schäden an Fortpflanzungsorganen und von einer Beeinträchtigung der Fortpflanzung beim Menschen gewährleistet."
Frauen mit Kinderwunsch können sich also gegen Covid-19 impfen lassen. Eine aktuelle US-Studie belegt außerdem, dass die Verabreichung eines mRNA-Impfstoffs von Biontech/Pfizer oder Moderna als Schutz vor einer Corona-Infektion keinen Einfluss auf die männliche Fruchtbarkeit hat. In der Untersuchung kontnen keine negativen Auswirkungen auf die Samenqualität festgestellt werden.
Impffortschritt bei den Jungen
Nun, da in Österreich zwei Impfstoffe ab dem zwölften Lebensjahr verimpft werden können (Biontech/Pfizer und Moderna), gilt es laut Expertinnen und Experten, den Impfrückstand bei den Jungen aufzuholen. Hierzulande entfallen die meisten Corona-Infektionen momentan auf jüngere Bevölkerungsgruppen. Die 15- bis 24-Jährigen machen mit Abstand die Altersgruppe mit der höchsten Corona-Neuinfektionsrate aus.
In Österreich haben 225.876 Frauen (49,40 %) in der Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen mindestens eine Impf-Dosis erhalten, davon verfügen 134.566 Frauen (29,43 %) über einen vollständigen Impfschutz. In der Altersgruppe haben 232.939 Männer (48,06 %) mindestens einen Stich erhalten, davon haben 139.349 (28,75 %) bereits einen vollständigen Impfschutz. In der Altersgruppe der unter 15-Jährigen sind 20.976 Mädchen (3,36 %) erstgeimpft, davon haben 4.372 (0,70 %) einen vollständigen Impfschutz aufgebaut. 22.758 Burschen (3,44 %) in der Altersgruppe haben mindestens eine Corona-Schutzimpfung erhalten, davon haben 4.626 (0,70 %) nun einen vollständigen Impfschutz.
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