Apotheker-Forderungen: "Wir sind Joker in der Lade der Gesundheitspolitik"

Eine Lade in einer Apotheke.
Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr fordert unter anderem eine Vergütung umfassender Beratungsgespräche und stärkere Einbindung in Impf- und Präventionsprogramme.

Auch diese Woche laufen wieder intensive Gespräche darüber, wer Österreich künftig politisch führen wird. Ein guter Zeitpunkt für Interessensvertreter, Wünsche an eine neue Regierung zu bekräftigen.

Die Österreichische Apothekerkammer tat dies am Dienstag mit der Vorstellung eines Forderungskatalogs. Das "7-Punkte-Programm" sei "eine Bauanleitung, die unser Gesundheitssystem verbessern und modernisieren soll", erklärte Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr zu Beginn der Pressekonferenz.

Ausgebaute Entlastungsleistungen 

In heimischen Apotheken liege großes Potenzial zur sicheren Grundversorgung von Menschen mit Gesundheitsanliegen. "Wir haben rund 500.000 Kundenkontakte täglich – wir sind das Fundament des Gesundheitssystems, die Menschen schätzen und vertrauen uns", führte Mursch-Edlmayr aus. Von der Politik mahnte sie ein "Bekenntnis zur Aufrechterhaltung" der apothekerischen Versorgung ein. Man liefere ein "bundesweit einheitliches, wohnortnahes Angebot für alle". Diese Leistung zu erhalten, müsse Priorität haben.

So könne man etwa "Ersteinschätzungen geben und eine gewisse Triagierung realisieren, den Patienten also gegebenenfalls in die Selbstmedikation entlassen", umriss Mursch-Edlmayr. Das Ergebnis sei ein "eigenverantwortlich versorgter Patient, der keine Kosten mehr im System verursacht". Bis zu 80 Prozent der Menschen könnten einer Schweizer Studie zufolge auf diese Art gut versorgt werden. "Personen, die medizinische Versorgung brauchen, sollten in den Genuss dieser kommen. Jene, die sie nicht benötigen, in nicht-medizinischen Fachbereichen versorgt werden."

Eine Entlastungsleistung, die entsprechend entlohnt werden müsse, so Mursch-Edlmayr. Das Leistungsangebot sei in der vergangenen Dekade laufend verbreitert worden, der Gesamtvertrag mit den Sozialversicherungsträgern "in die Jahre gekommen". Steigende Kosten bei Personal und Energie bei gleichzeitig teils sinkenden Medikamentenpreisen und beträchtlichen Investitionen in die Erweiterung von Lagerkapazitäten würden Apotheken zusetzen. Vonseiten der Politik fordert die Präsidentin mehr Ressourcen – konkret etwa Pauschalabgeltungen für Beratungsgespräche –, "um die Chance, die Apotheken bieten, nutzen zu können".

Ob sich solche Forderungen realisieren lassen, ist zumindest anzuzweifeln. Auch die Ärztekammer fordert seit Langem eine Erhöhung der Honorartarife für ihre Beratungsleistungen. 

Mit der im Februar dieses Jahres beschlossenen Novelle des Apothekengesetzes dürfen Apotheken nun bis zu 72 Stunden pro Woche – statt wie bisher 48 Stunden – offenhalten. Und zwar werktags zwischen 6:00 Uhr und 21:00 Uhr und samstags zwischen 6:00 Uhr und 18:00 Uhr. 

Außerdem ist es ihnen gestattet, in ländlichen Regionen Abgabestellen für Medikamente mit eingeschränktem Angebot und eingeschränkten Öffnungszeiten einzurichten, wenn es im Ort keine Apotheke gibt. 

Einfache Gesundheitstests wie Blutzuckermessungen oder Analysen von Harnproben dürfen ebenfalls angeboten und dafür etwa Blut aus der Fingerkuppe entnommen werden.

Rezepte auch zu Randdienstzeiten

Eher neu ist der Wunsch nach einer Verschränkung von Apotheken und Gesundheitshotlines. In Wien und anderen Bundesländern können Menschen rund um die Uhr 1450 wählen, wenn sie medizinischen Rat bei akuten gesundheitlichen Problemen benötigen. Apotheker sollten laut Mursch-Edlmayr über "eine Art Fastlane", sprich einen direkten Draht, mit den Hotlines verbunden sein. Dafür brauche es eine Ergänzung des Services um eine telemedizinische Ordination. "Sie wäre dann auch Ansprechpartner für Apotheker für Rückfragen oder Rezepte."

Gerade zu Randdienstzeiten sei es oft schwierig, Rezepte für bestimmte Medikamente ausgestellt zu bekommen. Beim Covid-19-Medikament Paxlovid sei in der Vergangenheit eine rasche Abgabe nach positiver Testung in der Apotheke vielfach nicht möglich gewesen, weil Betroffene "Freitagnachmittag kaum mehr Zugang zu Ärzten haben". Ziel müsse sein, "den Patienten bis zum Medikament fertig zu versorgen, damit er nicht mehr auf die Idee kommt, in eine Spitalsambulanz zu fahren".

Früherkennung fördern

Auch bei der Prävention strebt man stärkere Einbindung an. Der niederschwellige Kontakt zu Kundinnen und Kunden erlaube es Apothekern, über Früherkennungsprogramme aufzuklären und zur Inanspruchnahme zu motivieren. Mursch-Edlmayr geht einen Schritt weiter: "Neben der Bewusstseinsbildung könnten zum Beispiel auch Diabetes-, Cholesterin- oder Vitamin-D-Screenings bei uns durchgeführt werden." Pilotprojekte in verschiedenen Bundesländern seien bereits vielversprechend verlaufen. 

In Erinnerung rief Mursch-Edlmayr die Bereitschaft der Apothekerinnen und Apotheker, einem Beitrag zur Erhöhung der Durchimpfungsraten bei Erwachsenen zu leisten. "Das Personal ist geschult, wir sind bereit, drängen uns aber nicht auf", sagte Mursch-Edlmayr, die darauf verwies, dass Impfen in Apotheken auch verstärktes Impfen in Ordinationen mit sich bringen würde. "Weil das Bewusstsein steigt". 

Die Ärztekammer lehnt die Aufweichung des ärztlichen Impf-Privilegs seit jeher ab. Diese Haltung bekräftigte kürzlich Rudolf Schmitzberger, zuständig für Impfangelegenheiten, in einem Hintergrundgespräch.

Apotheken seien "der Joker in der Lade der Gesundheitspolitik", summierte Mursch-Edlmayr. Die Politik sei "jedenfalls gut beraten, mit uns im Gespräch zu bleiben".

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