In der Untersuchung verglich man – erstmals, wie die Forschenden betonen – den Effekt von Antidepressiva im Vergleich zu Lauftrainings bei Angststörungen und Depressionen. "Und wir wollten uns auch ansehen, wie sich Bewegung bzw. Antidepressiva die allgemeine Gesundheit auswirken", sagte Studienleiterin und Psychiaterin Brenda Penninx von der Amsterdamer Vrije Universität im Vorfeld des renommierten psychopharmakologischen ECNP-Kongresses in Barcelona. Dort wird Penninx ihre Forschungen in den kommenden Tagen präsentieren.
Am Freitag ist die Studie im Journal of Affective Disorders veröffentlicht worden.
In Bewegung kommen oder Antidepressiva schlucken?
Zusammen mit ihrem Team untersuchte sie 141 Patientinnen und Patienten mit Depressionen und Angstzuständen. Sie durften zwischen einer 16-wöchigen Behandlung mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern, den aktuell am häufigsten eingesetzten Antidepressiva, und einer 16-wöchigen, professionell betreuten Lauftherapie in der Gruppe wählen. 45 entschieden sich für die Tabletten, 96 – also deutlich mehr – für Sport.
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Die Datenanalyse förderte Überraschendes zutage: Zu Studienende berichteten rund 44 Prozent der Teilnehmenden beider Gruppen weniger depressive und ängstliche Zustände. Die Laufgruppe zeigte darüber hinaus – wenig überraschend – Verbesserungen bei Gewicht, Taillenumfang, Blutdruck und Herzfunktion. Die Antidepressiva-Gruppe schnitt bei diesen Parametern schlechter ab.
Sporteln statt Stimmungsaufheller schlucken also? "Das kann man daraus keineswegs ableiten", sagt Christa Rados von der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik. "Manche Patienten schaffen es morgens kaum aus dem Bett. Ein ambitioniertes Lauftraining ist da illusorisch. Eine Tablette zu schlucken, in der Hoffnung, dass sie hilft, ist aber ganz gut machbar", gibt sie zu bedenken.
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Tatsächlich zeigte sich schon bei der Gruppenformierung, dass die Symptome jener Probandinnen und Probanden, die sich für Antidepressiva entschieden, schwerwiegender waren als die ihrer laufenden Pendants. Menschen die tief in der Depression stecken, würden sich Sport gar nicht erst zutrauen. Das schmälert die Aussagekraft der Ergebnisse. Beim Lauftraining schlich sich außerdem eher Nachlässigkeit ein: 52 Prozent der Sportelnden zogen das Programm durch, in der anderen Gruppe waren es 82 Prozent.
Sport bei Depressionen als "Zusatz-Tool" sinnvoll
Dass Bewegung stimmungsstabilisierend wirkt, sei laut Rados nichts Neues. Es gebe auch Untersuchungen, die moderater Bewegung bei psychisch kranken Menschen einen positiven Effekt attestieren. "Daraus für den klinischen Alltag ein Entweder-Oder abzuleiten, wäre aber unzulässig. Wir haben Leitlinien, wie Depressionen zu behandeln sind – ab einem bestimmten Schweregrad eben mit Medikamenten."
Als "Zusatz-Tool" für bestimmte Patientengruppen, etwa auch solche, die bereits vor ihrer Erkrankung gerne Sport betrieben haben, könne Bewegung aber sinnvoll sein.
Laufen ist kein Allheilmittel für eine angeschlagene Psyche, bekräftigt auch Penninx: "Bei der Behandlung haben beide Therapien ihren Platz." Um das Sportverhalten nachhaltig zu ändern, bedürfe es einer gut konzipierten Bewegungstherapie. "Es reicht nicht, den Menschen nur zu sagen, sie sollen laufen gehen."
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Antidepressiva seien auch nach wie vor eine wirkungsvolle Behandlung. Allerdings würden sie oft abgelehnt – nicht zuletzt wegen beträchtlicher unerwünschter Nebenwirkungen. Bewegung könne das Therapiespektrum erweitern – und neben der Psyche auch den Körper aufpäppeln.
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