Rinnende Nase bis Halskratzen: Auch im Herbst können Pollen dahinterstecken

Eine Frau schnäuzt sich im Wald.
Die Pollensaison beschränkt sich längst nicht mehr auf die warmen Jahreszeiten. Welche Pflanze aktuell Symptome auslösen kann und was hilft.

Die Erkältungssaison ist in vollem Gange. Rund 90.000 Menschen laborieren laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) derzeit an grippalen Symptomen im Krankenstand. 

Doch eine rinnende Nase, Halskratzen, häufiges Niesen und gelegentliches Husten können auch dem Pollenflug geschuldet sein. "Sogar um diese Jahreszeit", weiß Maximilian Bastl. Zusammen mit seinem Team informiert der Biologe mit dem Pollenservice Wien der MedUni Wien über den aktuellen Pollenflug.

Keine Pause für Allergikerinnen und Allergiker

Bisher ist eine Pausierung der Pollenflugvorhersagen in Österreich und Europa gang und gäbe. "Inzwischen veröffentlichen wir unsere Daten ganzjährig", sagt Bastl. Der Grund: Die Pollensaison dehnt sich klimawandelbedingt zunehmend aus. "Gerade bei Neophyten, also Pflanzen, die natürlicherweise bei uns nicht heimisch sind, bemerken wir, dass ihre späte Blühzeit Allergikerinnen und Allergikern auch in der kühleren Jahreszeit zu schaffen macht", präzisiert Bastl. 

Derzeit treffe das auf den Kamtschatka-Beifuß zu. Anders als der heimische Gewöhnliche Beifuß zählt er zusammen mit dem Einjährigen Beifuß (dieser blüht etwas früher, im September) zu den invasiven Pflanzenarten. Bis vor wenigen Jahren kamen die beiden eingewanderten Arten hierzulande sehr selten zur Blüte, "weil es nicht warm genug war", sagt Bastl. So heißt es etwa in der aus dem Jahr 2008 stammenden Österreichischen Exkursionsflora, einem wissenschaftlichen Bestimmungsbuch für alle wildwachsenden Pflanzen, dass der Kamtschatka-Beifuß in Österreich zwar vor-, aber kaum bis nie zur Blüte kommt. "Heute tut er das wegen der veränderten klimatischen Bedingungen sehr wohl", sagt Bastl.

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Kamtschatka-Beifuß: Kennzeichen ist sein Kampfergeruch.

Höhere Pollenkonzentrationen in der Luft

Das Problem: Allein der Einjährige Beifuß verursacht dreimal höhere Pollenkonzentrationen als heimische Arten, die im Sommer blühen. Auch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) hält in einer kürzlich veröffentlichten Publikation fest, dass sich Beifuß-Neophyten in beträchtlichem Ausmaß in Österreich ausbreiten. "Wenn eine Pflanze blüht, bildet sie auch Samen aus, was wiederum zu ihrer Verbreitung beiträgt", erklärt Experte Bastl. Angeregt durch die erhöhten Herbsttemperaturen wurden schon vergangenes Jahr hohe Pollenkonzentrationen im September gemessen. Heuer zieht sich die Beifuß-Saison bis in den Oktober: "Der Kamtschatka-Beifuß blüht jetzt in Wien. Er setzt zwar nicht massive Mengen an Pollen frei, aber Allergikerinnen und Allergiker können den Pollenflug durchaus bemerken."

Betroffen seien neben Wien auch andere östliche Bundesländer, vereinzelt kommt die Beifuß-Art auch in Salzburg oder Oberösterreich vor. Klassische Beschwerden sind eher plötzlich auftretender Fließschnupfen, Augenjucken oder Halskratzen. "Im Einzelfall kann es manchmal schwierig sein, herauszufinden, ob eine Allergie oder beginnende Erkältung dahintersteckt." Erfahrene Allergikerinnen und Allergiker wüssten in der Regel aber, welche Beschwerden auf was hindeuten. 

Laut Bastl könnten aktuell auch in der Luft befindliche Pilzsporen zu Atemwegsproblemen führen. "Ende Dezember beginnt dann schon die Purpurerle zu blühen – eine echte Verschnaufpause gibt es also nicht."

Kämmen bis Kortison-Nasenspray

Betroffenen rät Bastl, den Kontakt zu Allergenen zu meiden, falls diese bekannt sind. In der Natur empfehle sich das Tragen einer FFP2-Maske, Kopfbedeckung und Sonnenbrille. "Damit weniger Pollen an die Schleimhäute gelangen." Abends rät Bastl, die Haare nach langen Aufenthalten im Freien gut zu kämmen oder zu waschen, um die Pollenkonzentration zu vermindern und den Schlafbereich allergenfrei zu halten. 

Allergie-Medikation sollte man ganzjährig vorrätig zuhause haben, etwa Antihistaminika oder Kortison-Nasensprays. Wird die Allergie zur Belastung, kann eine Desensibilisierungstherapie helfen. Nachdem die allergieauslösende Substanz ausgetestet wurde, wird der Organismus in geringen Dosen damit in Kontakt gebracht – und gewöhnt sich so daran.

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