„Die Befürworter dieses gesundheitspolitischen Ansatzes verweisen auf Studien mit den Packungen von Nikotinprodukten, wonach solche Warnhinweise – Bilder mehr als Texte – wirksam sind“, sagt Wolfgang Preinsperger, ärztlicher Direktor des Anton-Proksch-Instituts in Wien-Kalksburg. „Ob hier aber die Preisgestaltung, Steuern oder ähnliche andere Faktoren nicht eine ebenso große oder größere Rolle spielen, ist nicht ausreichend geklärt.“
Er vertrete aber den in der Suchtprävention gängigeren Ansatz, „dass Abschreckung nicht hilfreich ist“. Wichtig sei es, „einen verantwortungsvollen, kompetenten und genussvollen Gebrauch von alkoholischen Getränken“ zu lernen. „Probleme bekommt man nur dann, wenn man diesen kompetenten Umgang nicht gelernt hat. Das ist aber ein anderer gesellschaftspolitischer Zugang. Da geht es nicht um verbieten und schockieren, sondern um einen informierten Menschen, der selbst Entscheidungen treffen kann“, betont Preinsperger.
Andere Dimension als beim Rauchen
Der Gynäkologe Paul Sevelda, Präsident der Österreichischen Krebshilfe, stellt einerseits die Wirksamkeit solcher Warnhinweise infrage: „Auch die schrecklichen Bilder auf den Zigarettenpackungen bewirken nichts, es gibt keinen einzigen Raucher, der deshalb aufgehört hat.“
Er betont aber noch einen anderen Punkt: „Lungenkrebs steht zu 85 bis 90 Prozent mit dem Rauchen in Zusammenhang. Übermäßiger Alkoholkonsum erhöht etwa das Brust- oder Leberkrebsrisiko – aber das ist nicht die Dimension wie beim Rauchen.“
Der Zusammenhang zwischen Alkohol und Krebs sei also nicht so stark wie jener zwischen Rauchen und Krebs. „Und ein Achtel Rotwein zum Essen ist nicht krebserregend“, betont Sevelda. Hingegen erhöhe bereits eine Zigarette am Tag das Krebsrisiko.
"Geht an den wahren Problemen vorbei"
Fazit: „Derartige Warnhinweise etwa auf Weinflaschen führen zu einer kleinlichen und aufgeheizten Diskussion, die an den wahren Problemen bei der Krebsvorsorge vorbeigeht – zu starkes Übergewicht, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen, Impfungen und natürlich Zigarettenkonsum.“
Das seien die zentralen Themen. „Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Diskussion um solche Warnhinweise nur zu verhärteten Fronten und generellem Widerstand gegen Vorsorgemaßnahmen führt.“
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