Affenpocken: Was tun mit Infizierten und Kontaktpersonen?
Sollen Affenpocken eine meldepflichtige Krankheit sein? Soll es eine verpflichtende Quarantäne für Infizierte und auch für Kontaktpersonen geben? Noch ist das national und international nicht geregelt - der KURIER berichtete. Doch mehrere medizinische Spezialistinnen und Spezialisten für Virus- und generell Infektionserkrankungen haben sich bereits dazu geäußert. Sie sind für eine äußerst vorsichtige Vorgangsweise.
Die Virologin Isabella Eckerle, Leiterin des Zentrums für Neuartige Viruserkrankungen an den Universitätskliniken in Genf erklärte ausführlich auf Twitter, warum aus ihrer Sicht die Isolierung von Infizierten in einer Klinik extrem wichtig sei:
Zum einen werde damit die Ausbringung des Virus in die Umwelt reduziert, es handle sich um ein stabiles Virus. "Man muss vermeiden, dass sich bei uns Tierreservoire ausbilden (Ratten im Abwasser / häusliche Abfälle, Haustiere, Nutztiere)."
Zweitens könne man sich auf diese Weise das Krankheitsbild genauer ansehen, "vor allem, wo überall Virus ausgeschieden wird, wie lange, welche Viruslasten". Sollte es doch wider Erwarten ein größerer Ausbruch werden, seien das extrem wichtige Daten. "Und jetzt ist es noch gut machbar", bei den derzeit wenigen Fällen.
Unbedingt sollte es auch eine Quarantäne für Kontakte geben.
Ähnlich sieht das auch Leif Erik Sander, Direktor der Klinik für Infektiologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin: "Der globale Affenpocken-Ausbruch ist sehr dynamisch. Wir wissen momentan noch zu wenig über die Infektionsketten und das Ausmaß des Ausbruchs." Daher sollten sich seiner Meinung nach "auch alle engen Kontaktpersonen von Infizierten isolieren, um weitere Übertragungen bestmöglich zu verhindern." In vielen europäischen Ländern werde eine Quarantäne empfohlen. "Ich finde das in dieser Phase richtig und wichtig."
Eckerle begründet ihre Haltung so: "Affenpocken sind promiskuitive Viren, können also verschiedene Spezies infizieren." Die Etablierung von dauerhaften Tierreservoiren außerhalb von Afrika wäre ein großes Problem: "Sowohl Wildtiere als auch Nutztiere. Auch hier sollte man den OneHealth Aspekt nicht zu spät beachten." Es müsse verhindert werden, dass Affenpocken außerhalb Afrikas endemisch werden, also dauerhaft zirkulieren. "Das ist nicht die nächste Pandemie, aber eine dauerhafte Zirkulation wäre sehr schlimm."
Zwar gebe es Impfstoffe und einige antivirale Medikamente: "Aber es wird nicht leicht sein, diese in einem größeren Ausmaß einzusetzen. Wir haben ein kleines 'window of opportunity' bevor die Katze aus dem Sack ist."
Ähnlich argumentiert auch Leif Erik Sander: "Um den Ausbruch der Affenpocken und den Krankheitsverlauf besser zu verstehen, sollten meiner Meinung nach in dieser Phase Infizierte in Zentren hospitalisiert werden, um eine engmaschige und umfängliche virologisch-infektiologische Diagnostik & Informationsbündelung zu gewährleisten."
Das deutsche Robert-Koch-Institut tritt ebenfalls dafür ein, dass diagnostizierte Fälle systematisch erfasst werden, "um Affenpocken-Infektionen zu erfassen und eine Weiterverbreitung zu verhindern". Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert ebenfalls Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung: Fälle müssten umfassend ausfindig gemacht und isoliert sowie Ansteckungswege rückverfolgt werden.
Die britische Gesundheitsbehörde UKHSA hat bereits für enge Kontaktpersonen von Affenpocken-Infizierten eine dreiwöchige Quarantäne empfohlen.
Sander betont auch, dass sich das Affenpockenvirus "nicht für sexuelle Orientierung oder Geschlecht" interessiere: "Es geht nur um engen Körperkontakt mit möglichst vielen Menschen. Dadurch kann das Virus sich verbreiten. Das ist alles."
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