2022 nahm Wien erstmals an einer Abwasser-Drogen-Studie teil

Abwasserprobe wird auf Spuren von Corona-Viren getestet
Bundeshauptstadt lag beim Drogenkonums im europäischen Mittelfeld. Im Österreichvergleich wird im Osten am meisten Speed und Crystal Meth genommen.

Lange war Innsbruck Österreichs einzige Stadt, die ein Abwasserdrogenmonitoring durchgeführt hat, dann folgten unter anderem Graz, Purgstall und Kapfenberg bis 2022 schließlich auch die Bundeshauptstadt Wien erstmals an der sogenannten Score Studie zur Abwasseranalyse in Bezug auf illegale Substanzen teilgenommen hat. Abwässer aus insgesamt 110 Städten und Regionen der EU, der Schweiz, Norwegens, Großbritanniens, Islands und der Türkei wurden im vergangenen Jahr untersucht.

Unteres Mittelfeld

"Die Proben, die im Zeitraum einer Woche täglich entnommen wurden, zeigen, dass sich Wien im Vergleich mit anderen europäischen Großstädten bei allen fünf untersuchten Substanzen im unteren Mittelfeld befindet. Sowohl bei THC, Kokain, MDMA, Amphetamin als auch Metamphetamin zeigt die Abwasserstudie in vielen vergleichbaren Städten deutlich höhere Werte", betonte der Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner, am Mittwoch in einer Aussendung.

Bei Kokain lag Wien etwa deutlich hinter Städten wie Brüssel, Zürich, Barcelona und auch unter den Werten für Prag oder Berlin, hieß es vonseiten der Psychosozialen Dienste in Wien. Bezogen auf THC wies Wien eine höhere Konzentrationen, als in Krakau oder Mailand nachgewiesen werden, aber teilweise deutlich geringere als in Zagreb, Lissabon oder Amsterdam. Die gemessenen Werte bei Amphetamin waren in Brüssel, Berlin, Prag und Zürich deutlich höher, während in Barcelona die Werte unter jenen von Wien lagen.

Die Teilnahme von Wien an der Studie war eine lange gehegter Wunsch von Herbert Oberacher, der das forensisch-toxikoligische Labor der Gerichtsmedizin Innsbruck (GMI) leitet und die Österreich-Daten für das Drogenmonitoring des SCORE-Netzwerks sammelt und auswertet.

„Wir würden uns natürlich wünschen, dass wir auch Proben von größeren Städten bekommen. Aber das war bis jetzt schwierig, weil es vermutlich Sorgen gibt, dass das Image leiden könnte“, hatte Oberacher 2019 im KURIER erklärt und versucht diese Sorgen zu zerstreuen.

Die ermittelten Konsummengen würden im Vergleich natürlich Auskunft darüber geben, in welchen Städten besonders viele Drogen genommen werden. In erster Linie geht es jedoch darum, Fakten für die Präventionsarbeit zu erhalten. Und da wäre das Suchtverhalten in Großstädten besonders interessant für die Forscher.

Corona-Ende befeuerte Drogenkonsum

Im Jahr 2022 wurden nun 16 Kläranlagen in Österreich untersucht. Neben Wien nahmen auch Salzburg und Oberösterreich erstmals an der Studie teil. Was sich dabei laut Oberacher ganz klar zeigt: „Mit der schrittweisen Lockerung der Corona-Maßnahmen 2022 hat auch der Konsum von Alkohol und Drogen in der Bevölkerung wieder zugenommen.“

Die Untersuchung lässt Rückschlüsse auf den Drogenkonsum von 3,5 Million Menschen zu - und auch Unterschiede zwischen Regionen, ländlichem und urbanem Raum. Die Analyse hat ergeben, dass der Pro-Kopf-Konsum an Alkohol und Nikotin innerhalb Österreichs relativ einheitlich ist.

Mehr Koks in Westösterreich

Bei den verbotenen Drogen bietet sich ein weniger homogenes Bild: In fast allen Regionen war Cannabis die dominierende Droge, wobei der THC-Konsum im urbanen Raum höher ist, als in ländlichen Gegenden. Unter den Stimulanzien ist Kokain die umsatzstärkste Droge.

In Westösterreich und im mituntersuchten Südtirol wird Kokain pro Kopf in größeren Mengen konsumiert, als in Ostösterreich. Den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Kokain verzeichnete Kufstein.

Die größten Pro-Kopf-Konsummengen der Wirkstoffe Amphetamin (Speed) und Metamphetamin (Crystal Meth) ließen sich in Ostösterreich, speziell in Wien bzw. Wiener Neustadt, beobachten. Diese West-Ost-Verteilung von Stimulanzien und synthetischen Drogen ist nicht auf Österreich beschränkt, sondern spiegelt sich in Europa wider.

„Die Abwasserepidemiologie hat in den letzten Jahren enorm an Akzeptanz gewonnen. Die jährlichen Steigerungen an gemonitorten Regionen und hier insbesondere das Hinzukommen von zuletzt Wien, Graz, Salzburg und Klagenfurt macht deutlich, welchen Stellenwert die Methode mittlerweile bei den Gesundheitsbehörden einnimmt“, freut sich Oberacher.

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